DRAMA: KOR, 2002
Regie: Kim Ki-Duk
Darsteller: Jeong-hak Kim, Ji-a Park, Hye-jin Yu
Auf der geteilten Halbinsel Korea ist der Kalte Krieg noch nicht zu Ende.
Die südkoreanische Gesellschaft lebt in ständiger Angst vor dem unberechenbaren nördlichen Nachbarn.
Die Küste ist eingezäunt und von schwer bewaffneten Marines überwacht.
Als der fanatische Soldat Kang beim nächtlichen Wacheschieben ein Liebespaar für nordkoreanische
Spione hält und den Mann erschießt, tritt er eine Lawine von fatale Ereignissen los:
Die Freundin des Toten und der Schütze selbst fallen dem Wahnsinn anheim: Erstere wird zur Kompaniehure,
Zweiterer wird entlassen, klaut eine Waffe und startet einen blutigen Rachefeldzug, dem ein Soldat nach dem anderen zum Opfer fällt.
"Gewalt ist Körpersprache."
"Schönheit und Brutalität stehen in einem inneren Zusammenhang".
(Kim Ki-Duk, koreanischer Filmregisseur.)
Wie jeden Film von Kim Ki-Duk könnte man auch Coast Guard
in mit diesen beiden Sätzen treffend zusammenfassen.
Der studierte Malier und ehemalige Marinesoldat, der sich das Filmhandwerk autodidaktisch beigebracht hatte, schafft es hier abermals, sein Publikum nachhaltig zu verstören.
Wieder ist alles da, was einen typischen Kim Ki-Duk-Film ausmacht:
Die harten Kontraste aus malerischer Schönheit und extremer Brutalität.
Die Unmöglichkeit der Liebe. Die melancholische Trostlosigkeit, die sich wie bleierner Nebel
über das gepeinigte Personal seiner Filme legt:
Armselige Männerfiguren, die keine andere Kommunikationsform als körperliche Gewalt kennen.
Frauen, die entweder Heilige oder Huren sind. Oder beides zugleich.
Und der Wahnsinn, aus dem es kein Entkommen gibt.
Letzterer hat hier einen klaren Urheber. Nämlich das Militär: Coast Guard
muss wohl als persönliche Aufarbeitung von Kim Ki-Duk's fünfjährigen Militärdienst
gesehen werden. Besonders menschenfreundlich ging es dort nicht eben zu:
Absurde Rituale, sinnlose Schikanen, brutaler Drill, Abstumpfung und Paranoia
bestimmen den Soldaten-Alltag des geteilten Landes. Kein Wunder, wenn irgendwann alle wahnsinnig werden.
Ich war mir 100%ig sicher, es mit einem couragierten Anti-Militär-Film zu tun zu haben, in dem ein Ex-Soldat die sinnloseste Zeit seines Lebens aufarbeitet.
Bis ich das Making Of gesehen hatte. Das hat es wirklich in sich - und lies mich nur noch ratlos zurück.
Die zwei Dutzend Schauspieler, die die Soldaten der Küstenwache spielen sollten,
wurden nämlich vor Beginn der Dreharbeiten einem zweiwöchigen brutalen militärischen Drill-Programm unterzogen,
um, wie der Sprecher verkündet, "sie zu richtigen Soldaten zu machen".
Was die Darsteller da über sich ergehen lassen mussten, lässt den Film beinahe harmlos wirken.
Vollkommen jenseitig dann die Pressekonferenz, als sich die Schauspieler vor den Kameras der fassungslosen Journalisten in Rambo-Manier über den staubigen Asphalt wälzten. Und ein Regisseur, der die "Disziplin" und die "Tapferkeit" seiner Schauspieler lobt.
Was soll man davon halten? Ist dies der erste Anti-Kriegsfilm, der unter kriegerischen Bedingungen entstanden ist?
Zumindest soviel steht fest: Kim Ki-Duks Arbeitsweise ist mindestens ebenso verstörend wie seine Filme.
Auf Kim Ki-Duk ist Verlass. Der koreanische Regie-Extremist präsentiert mit COAST GUARD einen bildgewaltigen, brutalen (Anti?)-Kriegsfilm, der mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Für Fans der härteren fernöstlichen Gangart ...