OT: Charlie Valentine
GANGSTERDRAMA: USA, 2009
Regie: Jesse V. Johnson
Darsteller: Raymond J. Barry, Tom Berenger, James Russo, Michael Weatherly
Charlie Valentine (Raymond J. Barry) ist ein stilvoller Gangster der alten Schule, der aufgrund seines fortgeschrittenen Alters allmählich daran denkt sich zur Ruhe zu setzen. Vorher will er allerdings noch einen letzten großen Coup landen. Doch dieser geht mächtig daneben und Charlie sieht sich als einziger Überlebender gezwungen zu fliehen. Er fährt von New York nach Las Vegas und quartiert sich bei seinem Sohn Danny (Michael Weatherly) ein. Der zeigt sich auf einmal sehr von seinem Vater und dessen Beruf angetan und will alles von ihm lernen. Und dieser plant bereits den nächsten riskanten Coup...
KRITIK:Der von dem ehemaligen Stuntmann (bzw. dem aufgrund seines ausgehenden Erfolges wieder als Stuntman arbeitendem) Jesse V. Johnson geschriebene und inszenierte CHARLIE VALENTINE ist ein streckenweise wirklich derbes Gangsterdrama, bei dem schon nach der Auftaktszene klar ist, dass hier keine Gefangenen gemacht werden. Doch handelt es sich bei diesem Film des mehr für seine Actionkracher (PIT FIGHTER, ALIEN AGENT) bekannten Filmemachers keineswegs um eine reine Ballerorgie.
Im Mittelpunkt des Films steht der von Raymond J. Barry auf sehr überzeugende Weise verkörperte titelgebende Charlie, ein ehemaliger Nobelgangster mit Stil und Klasse, der sich trotz seines Alters noch viel zu viril fühlt, um tatsächlich bereits in den Ruhestand zu gehen. So kommt es ihm sicherlich sehr gelegen, dass er die Gelegenheit erhält all seine im Laufe einer seiner offensichtlich sehr erfolgreichen Gangsterkarriere angesammelten Kenntnisse und Kniffe an den Sohnemann weiterzugeben.
Ab diesem Zeitpunkt wandelt sich der Film zu einer klassischen Vater-Sohn-Erzählung. Die Problematik besteht für Charlie in erster Linie darin, dass er die neugewonnene Zuneigung seines Sohnes nicht gleich wieder verlieren will. Auf der anderen Seite ist er jedoch bisher auch deshalb immer wieder aus allen Schwierigkeiten unbeschadet hervorgegangen ist, weil er letzten Endes stets nur an sich selbst gedacht hat. Gerade dieser zunächst latente innere Konflikt erfährt im Laufe der Handlung eine immer stärkere Verdichtung und spitzt sich am Ende auf geradezu existenzialistische Weise zu.
Doch so interessant und vielversprechend dies auch alles klingen mag: Letzten Endes kann CHARLIE VALENTINE leider nicht wirklich überzeugen. So ist die Figur des Sohnes bereits vom Drehbuch her wesentlich uninteressanter, als die seines Vaters angelegt. Erschwerend hinzu kommt noch, dass Michael Weatherly gerade im Vergleich zu dem streckenweise wirklich charismatischen Raymond J. Barry erschreckend blass wirkt. Auch die Story an sich bietet bis auf den bereits beschriebenen inneren Konflikt Charlies keine wirklich interessanten, geschweige denn originellen Elemente. Stattdessen wirkt fast der gesamte Handlungsverlauf, wie schon tausendmal gesehen.
Aber all dies wäre ja noch verschmerzbar, wenn die einzelnen Elemente einfach stimmig ausgearbeitet wären. Doch leider gibt es noch einen weiteren unüberhörbaren Schwachpunkt: und das sind die Dialoge! - Nur selten hatte ich bei solch einem ansonsten keineswegs schlechten Film so stark das Gefühl, dass fast alle gesprochenen Sätze ganz dreist aus anderen bekannten Filmen recycelt wurden.
Damit meine ich aber leider nicht, dass hier wirklich der Wiederholung würdige Dinge zum besten gegeben werden. Ganz im Gegenteil werden hier fast nur stereotype Plattitüden abgespult, die meist auch noch besonders cool wirken sollen. Doch aufgrund ihrer ausgesprochenen Dämlichkeit bei gleichzeitiger Abwesenheit jedes Funkens an Selbstironie kratzt CHARLIE VALENTINE leider oft nur haarscharf an einer unfreiwilligen Selbstparodie vorbei. Und das ist schon ein wenig schade, denn dieser Film hätte trotz seiner mangelnden Originalität wahrscheinlich wirklich gut werden können.
Das Gangsterdrama CHARLIE VALENTINE um den alternden titelgebenden Nobelgangster ist streckenweise äußerst hart und wäre auch gerne zu jedem Zeitpunkt ausgesprochen cool. Doch auch das Charisma des von Raymond J. Barry verkörperten Hauptdarstellers kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade auch aus dessen Munde zumeist nur Sprüche von erlesener Hohlheit sprudeln...