OT: Celda 211
DRAMA: SPANIEN, 2009
Regie: Daniel Monzón
Darsteller: Luis Tosar, Alberto Ammann, Antonio Resines, Carlos Bardem
Endlich hat Juan Oliver (Alberto Ammann) einen neuen Job gefunden - als Gefängniswärter. Sicher nicht sein Traumjob, doch mit einer hochschwangeren Frau zu Hause ist es nicht so, als hätte er eine große Wahl. Er und seine Frau sind von dem Job abhängig und so versucht er, von Anfang an einen guten Eindruck zu hinterlassen und besucht bereits vorab die Haftanstalt, um sich ein Bild von seiner künftigen Arbeit zu machen.
Doch dabei gerät er mitten in eine von Malamadre (großartig: Luis Tosar) angeführte Revolte und wird von den überraschten Wärtern im Gefangenenblock zurückgelassen. Um zu überleben, gibt es für ihn nur eine Chance: er muss sich als Gefangener ausgeben.
KRITIK:Natürlich: die Geschichte hört sich an als hätte man sie in dieser Form schon hundertfach in anderen Filmen gesehen. Und sie bietet sich perfekt an, um rundherum einen Blockbuster-Actionreißer mit dem "Average Guy", der zum Helden mutiert, zu zimmern.
Doch diese hervorragende spanische Produktion weiß nicht nur im Bezug auf die Story zu überraschen. Auch was die Qualität der Regie und Kameraarbeit anbelangt, haben wir es hier mit alles anderen als einem B-Movie zu tun. Regisseur Daniel Monzón, bisher ein unbeschriebenes Blatt, inszeniert handwerklich perfekt, fängt stimmungsvoll-dramatische Bilder ein und konzentriert sich vor allem auf für Filme dieser Art ungewöhnlich starke Charakterzeichnung.
So entwickelt sich "Cell 211" vielmehr zu einem Gefängnis-Drama als zu einem Actionfilm. Die Grenzen zwischen den "guten" Wärtern und Beamten draußen und den "bösen" Insassen verschimmen sehr bald und auch die anfangs druch den Film (bewusst) provozierten Vorurteile muss man immer mehr hinterfragen.
Es geht um viel mehr als um Juan Olivier als "Schaf im Wolfspelz" er ist das Symbol für eine Welt, in der nicht alles schwarz und weiß ist. Die nicht einfach so in "die da drinnen und wir hier draußen" unterteilt werden kann. Sehr bald stellt man fest, dass es beim Aufstand vor allem darum geht, die menschenunwürdigen Haftbedingungen für die Insassen zu verbessern. Doch natürlich haben wir hier auch keine Diplomaten im Gefängnis, die so etwas auf die diplomatische Art angehen.
Ebensowenig sitzen vor den Gefängnismauern Diplomaten. Der Aufstand muss niedergeschlagen werden, koste es, was es wolle denn wo kämen wir da hin, Zugeständnisse zu machen - schließlich müsste man dann ja auch in allen anderen Gefängnissen des Landes mit Aufständen rechnen.
Juan Oliver landet zu Beginn des Aufstandens übrigens der titelgebenden Zelle 211 - sein Vorgänger starb hier an einem Gehirntumor, nachdem er lange Zeit an höllischen Kopfschmerzen gelitten hatte. Eine medizinische Behandlung, geschweige denn eine Operation hat er nie bekommen.
Während Oliver zu Beginn noch alles tut, um seine wahre Identität zu verschleiern und nur das Ziel hat, bevor er enttarnt wird aus dieser Hölle rauszukommen, zurück zu seiner schwangeren Frau, beginnen auch für ihn mit Fortdauer des Aufstandes und einer immer auswegloseren Situation, die Grenzen zu verschwimmen.
"Cell 211" beeindruckt mit seiner von Anfang an intensiven Spannung und kann über die gesamte Spielzeit seine erdrückende Dramatik aufrecht erhalten. Jederzeit muss man damit rechnen dass Oliver enttarnt wird. Er schafft es zwar, eine "Freundschaft" zwischen sich und dem Anführer Malamadre aufzubauen, doch gerade das macht andere Insassen mißtrauisch, aber vor allem eifersüchtig. Man mag dem Film daher durchaus unterstellen, dass er sich durchaus auch üblicher Klischees bedient und zum Teil auch nicht immer alle Gesetze der Logik einhält - doch insgesamt haben wir es hier mit einem intelligenten und überaus spannenden Gefängnis-Drama zu tun. Dass der Film in Spanien auch ein kommerzieller Erfolg war, ist erfreulich.
Auch erfreulich ist, dass die deutsche Synchronisation recht gut gelungen ist. Immerhin fällt hier OV für die meisten wohl flach - ausser natürlich für die Don Juans unter uns.
Schauspielerisch gibts ebenfalls nichts zu kritisieren: vor allem Luis Tosar ist als Malamadre perfekt besetzt und beeindruckt mit seiner beängstigend-schaurigen Präsenz auf der Leinwand. Seine Rolle spielt er perfekt, ohne zu übertreiben was in einer sehr glaubhaften Darstellung resultiert. Solide ebenfalls Alberto Ammann als Oliver - man hat ihm vielleicht etwas zu viel den "Good Guy" ins Gesicht gepinselt. Carlos Bardem hingegen hat eine relativ unbedeutende Nebenrolle und ist wohl hauptsächlich dabei, damit man seinen Namen aufs Filmplakat drucken konnte.
"Cell 211" ist ein sehr erfreulicher Beitrag aus Spanien zum etwas aus der Mode gekommenen Genre des Gefängnis-Dramas. Die hochwertige Produktion gepaart mit einer soliden und anspruchsvollen Storyline ergibt einen ganz hervorragenden Film, der die Erwartungen bei weitem übertrtrifft.
Die Spannung ist erdrückend, die Story bis zu einem sehr späten Punkt im Film weitestgehend unvorhersehbar, ohne dass man irgendwelche konstruierten Wendungen einbauen musste - und die Regiearbeit kommt an einige der besten Genre-Beiträge heran.
Mit einem kleinen Euro-Bonus für diese mutige Produktion gibts daher: