HORROR: USA, 2006
Regie: William Friedkin
Darsteller: Ashley Judd, Michael Shannon, Harry Connick Jr
Eine Wohnungsanlage im staubigen, amerikanischen Nirgendwo. Als Exil, als Refugium könnte man diesen Schauplatz bezeichnen. Man fragt sich, warum sich Agnes (gespielt von Ashley Judd) dieses Örtchen zum leben ausgesucht hat. Und man erfährt es schließlich, als der schüchterne, steife Peter (der NOCH unbekannte Michael Shannon) ihr begegnet und beide sich kennen lernen. Peter wirkt mysteriös und geheimnisvoll auf Agnes. Er erzählt, er sei Golfkriegveteran, ein Opfer geheimer Experimente. Als er bald darauf winzig kleines Ungeziefer an seinem Körper spürt und über Bisse klagt, erkennt man schon wie sehr Agnes ihm verfallen ist. Sie spürt diese Eindringlinge selbst an sich. Das Liebespaar schirmt sich von der Außenwelt mehr und mehr ab. Selbst die Bedrohung vom eifersüchtigen, gewalttätigen Exfreund verharmlost neben der Paranoia, dem Wahn überall Käfer und Wanzen zu entdecken und sie aus dem Körper zu "entfernen"...
KRITIK:... in diesem Film unheimlich radikal und erschreckend.
William Friedkin las ich da auf dem DVD-Cover und ich fragte mich: "Ist das nicht der Regisseur von Der Exorzist?" Also gut! "Kein 08/15 Horrorfilm", dachte ich und schon lag die Disc in meinem Player.
Bald wusste ich auch, warum man den Film in Europa ohne Umwege fürs Heimkino veröffentlichte. In den Staaten spielte er "lediglich" 7 Mio. Dollar ein bei 4 Mio. Produktionskosten. Erfolg? - Künstlerisch auf jeden Fall. Und den wirklich Aufmerksamen fällt auf, dass es eine Adaption eines Theaterstücks ist. Bug.
Ein unvergleichliches, vielleicht unterschätztes Horrorerlebnis. Fast klassisch elegant und hochfaszinierend, wie der Wahnsinn langsam seinen Lauf nimmt und die Hauptdarsteller von Szene zu Szene wortwörtlich "zerfallen" und verrückter werden, bedacht, den Feind, den Käfern in, um und an sich zu entfernen. Man überlegt sich politische Bedeutungen und ertappt sich dabei, Kritik an der amerikanischen Regierung in den Film zu interpretieren.
Man muss sich auf dieses wortlastige Kammerspiel schon einlassen um den großartigen psychologischen Effekt zu erleben. William Friedkin fordert den Zuschauer, unterhält ihn aber mit seinen zwei großartigen Hauptdarstellern.
Man ist geradezu verblüfft vom expressiven Michael Shannon, der tatsächlich auch über Jahre den Peter auf der Bühne spielte. Anfangs ein schüchterner, fast infantiler junger Mann. Ashley Judd hingegen erlebt man ungesehen unglamourös. Ihre Persönlichkeiten ändern sich je enger ihre Zuneigung füreinander wird.
Selten fühlt man sich nach einem Film ebenfalls ein wenig paranoid. Das Ende ist schockierend. Nicht vorhersehbar, aber konsequent.
Ein Horrorfilm der etwas anderen Art. Anspruchsvoll. Fesselnd. Schockierend. Ansehen: Pflicht. Schockieren lassen: obligatorisch.