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Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia

Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia

OT: Quiero la cabeza de Alfredo Garcia
ROADMOVIE/WESTERN/ACTION: MEX/USA, 1974
Regie: Sam Peckinpah
Darsteller: Warren Oates, Isela Vega, Robert Webber, Gig Young

STORY:

Die Tochter von El Jefe ist schwanger, doch die Freude des werdenden Großvaters hält sich in Grenzen. Der Kerl, der seine Tochter geschwängert hat, Afredo Garcia heißt der Elende, soll diesen Frevel mit dem Leben bezahlen. Der Filmtitel darf wortwörtlich verstanden werden: El Jefe will den Kopf von Alfredo Garcia als Beweis seines Todes. Eine Million Dollar beträgt das Kopfgeld, das der abgebrannte Bar-Pianist Bennie (Warren Oates) gut brauchen könnte. Doch schnell stellt sich heraus, dass der Gesuchte längst tot ist. Kein Hindernis für Bennie ...

KRITIK:

Aufblende. Eine junge Frau sitzt am Ufer eines Sees, Schwäne ziehen ihre Runden, die Sonne spiegelt sich auf der Wasseroberfläche. Die Frau streicht sich über ihren Bauch, sie erwartet ein Baby. Doch da wir uns in einem Film von Sam Peckinpah befinden, währt die Idylle nicht lange.

Zwei Männer machen der Frau mit Nachdruck deutlich, dass ihr Vater sie unverzüglich sprechen will. Das bedeutet nichts Gutes. Flankiert von Leibwächtern und Hofstaat begehrt der Hacienda-Besitzer Auskunft über die Identität des Kindsvaters. Sie weigert sich, den Namen zu nennen. Worauf der Vater ihr das Kleid herunter reißt und sie vor den Augen aller schwerst körperlich misshandelt, bis sie "gesteht".

Noch ist nicht klar, in welchem Jahrhundert diese erschütternde Szene überhaupt spielt.

In dieser Hacienda hat eine vormoderne Gesellschaft Aufstellung genommen, wo man im Namen der Ehre jegliche Humanität über Bord wirft. Im nächsten Moment schwärmen Autos und Flugzeuge aus. Wir befinden uns also in der Gegenwart. Doch die handelnden Männer - es sind stets getriebene, irrationale, manische, gewalttätige Männer in den Filmen von Sam Peckinpah - agieren nach uralten, aus der Zeit gefallenen Regeln.

"Du willst sein Grab schänden? Du bist ja wahnsinnig!."

"Hör zu, hat die Kirche nicht von ihren Heiligen Füße, Finger und weiß Gott noch für Körperteile als Reliquie abgeschnitten? Bitte, wir machen's wie sie: Alfredo ist unser Heiliger, der Heilige von unserem Geld, und brauchen von ihm eine Reliquie."

Als BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA 1974 in die amerikanischen Kinos kam, wurde er mit Kopfschütteln aufgenommen. Die Kritiken waren verheerend, der Film fiel an der Kinokasse mit Bomben und Granaten durch. Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis die wahre Größe und Genialität dieses Films erkannt wurde. Heute gilt ALFREDO GARCIA als bizarres Meisterwerk im Euvre von Sam Peckinpah.

Dabei ist der Film technisch alles andere als perfekt. Vor allem die Beleuchtung sorgt für - gelinde gesagt - Verwunderung. Die Schlüsselszene mit dem Grab wirkt, als wäre sie bei Tageslicht gedreht und nachträglich abgedunkelt worden. So etwas kann man Jess Franco oder Jean Rollin durchgehen lassen, aber bei Peckinpah fragt man sich dann schon, welche Substanzen hier im Spiel waren. Zumal der Regisseur ALFREDO GARCIA als den einzigen Film bezeichnet, den er vollständig nach eigenen Wünschen drehen und schneiden konnte.

Nach den traumatischen Erfahrungen mit Hollywoods Studiosystem drehte Peckinpah diesen Film um wenig Geld, aber vollständiger künstlerischer Freiheit in Mexiko. Was ALFREDO GARCIA auszeichnet, ist eine völlig unvergleichliche, entrückte, unwirkliche Atmosphäre, irgendwo zwischem surrealem Roadmovie, morbidem Neo-Western und stilbildendem Actionkino, das seiner Zeit weit voraus war.

Auch eine Lovestory wird erzählt. Das mag vielleicht überraschen, denn als großer Romantiker war Peckinpah ja eher nicht verschrieen. Und doch gelingt es ihm, seine Charaktere mit nachvollziehbaren Emotionen auszustatten. Dass dieser Film geradewegs auf ein böses Ende zusteuert, dürfte von Anfang an klar sein. Das wie erstaunt aber doch und lässt den Zuseher mit einem Kloß im Hals zurück.

Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia Bild 1
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia Bild 2
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia Bild 3
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia Bild 4
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia Bild 5
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia Bild 6
FAZIT:

Seinerzeit von der Kritik einhellig verrissen und vom Publikum geschmäht, dauerte es Jahrzehnte, bis dieses irrlichternde, morbide Meisterwerk von Sam Peckinpah endlich als solches erkannt wurde. Koch Media veröffentlicht BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA in einer ungekürzten Fassung als Media-Book mit tonnenweise Extras. Erscheinungstermin: 5. Mai 2016.

In diesem Sinne: "Machen wir ein bisschen Feuerwerk!"

WERTUNG: 8 von 10 Geldkoffer
Dein Kommentar >>
Marcel | 28.04.2016 11:30
Die sogenannte "amerikanische Nacht" oder Day-for-Night-Technik war aber damals gang und gäbe. Sie wurde nicht nur in preiswerten Filmen genutzt, auch bei Bondfilme sieht man sie zum Beispiel regelmäßig - ganz offensichtlich etwa bei THUNDERBALL, YOU ONLY LIVE TWICE und LIVE AND LET DIE. Nachtszenen tatsächlich nachts zu drehen hat sich erst in den 80er Jahren etabliert. Trotzdem wird die "amerikanische Nacht" bis heute angewendet. Zuletzt etwa bei MAD MAX FURY ROAD. Sie sieht heute nur perfekter aus.
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