OT: Body Heat
NEO-NOIR/EROTIKTHRILLER: USA, 1981
Regie: Lawrence Kasdan
Darsteller: Richard Crenna, William Hurt, Mickey Rourke, Kathleen Turner
Ned Racine (William Hurt) ist ein mäßig erfolgreicher Anwalt in irgendeiner Kleinstadt im feuchten, heißen Süden der USA. Ned ist völlig frei von allen größeren Ambitionen oder höheren Idealen und jagt stattdessen viel lieber schönen Frauen hinterher. Eines Tages lernt er die ebenso schöne, wie smarte Matty Walker (Kathleen Turner) kennen, die ihn sofort fasziniert.
Die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre, die sich schon in kurzer Zeit in eine wahre Liebe zu verwandeln scheint. Ihr einziges Problem ist der an den Wochenenden auftauchende Ehemann von Matty, den sie von ganzem Herzen hasst. Da dieses arrogante Scheusal (Richard Crenna) zudem auch noch sehr reich ist, ersinnt Ned sehr bald einen teuflischen Plan. Oder zumindest glaubt er, dass dieser Plan von ihm stammt...
BODY HEAT? - Was soll das sein? Ein Porno? Na ja, bei einer FSK-Freigabe ab 12 Jahren und einen dämlichen deutschen Untertitel wie "eine heißkalte Frau" dann wohl doch eher einer dieser zahlreichen zu Beginn der 80er Jahre in den USA langsam in die Mode kommenden Erotikthriller, die heute zurecht weitestgehend vergessen sind! Auch das nichtssagende Cover und der Verkauf am Grabbeltisch der einschlägigen Elektronik-Discounter deuten unfehlbar darauf hin! Richtig?!!!
Nein! - Nicht nur falsch, sondern komplett daneben! - Bei BODY HEAT handelt es sich in Wahrheit um den besten Neo-Noir der 80er Jahre und zugleich um einen der besten Noirs aller Zeiten! Es ist ein Film, den der Kritiker David Chute als den "vielleicht verblüffendsten Debütfilm aller Zeiten bezeichnete". Und der amerikanische Kritikerpapst Roger Ebert schreibt: "Ja, Lawrence Kasdans BODY HEAT (1981) ist sich der Filme bewusst, die ihn inspiriert haben - insbesondere Billy Wilders DOUBLE INDEMNITY (FRAU OHNE GEWISSEN, 1944). Aber er hat eine Kraft, die seine Quellen übersteigt."
Tatsächlich ist sogar der scheinbar banale Titel BODY HEAT nicht nur äußerst treffend gewählt, sondern ebenso reichhaltig an subtilen Anspielungen wie der gesamte Film! Denn der Name BODY HEAT bezieht sich nicht allein auf beim wilden Sex schwitzende Körper, sondern auch auf ein nahezu subtropisches Klima, welches wiederum ein ganz spezielles gesellschaftliches Klima mit sich bringt.
Schon ab der ersten Einstellung in BODY HEAT sehen wir, dass in diesem verloren Nest im amerikanischen Süden tatsächlich alle Menschen die ganze Zeit mächtig am Schwitzen sind. Und deshalb sind sie offensichtlich auch alle von einer latenten Lethargie gekennzeichnet, die wunderbar dem Klischee vom "typischen Südländer" entspricht. - Doch dies sind noch immer die USA, und so wird einem der weniger lethargischen Akteure auch gleich die ironische Frage an den Kopf geschmissen, weshalb er denn noch immer hier wohne, wenn er wirklich soviel drauf habe, wie er es von sich glaubt.
Da passt es auch, dass Matty zu Ned bei ihrer ersten Begegnung gleich sagt, dass sie ihn für nicht sonderlich smart halte, was dieser unkommentiert hinnimmt. Genauer gesagt fügt Matty auch noch hinzu, dies bei einem Mann zu mögen! - Ein gutes Beispiel für einen dieser vollkommen unglaubwürdigen typischen Noir-Sätze, die hier jederzeit vollkommen glaubhaft wirken. Und ebenfalls ein gutes Beispiel für die zahllosen, fast unmerklich eingesponnen Andeutungen und Anspielungen, welche einem erst bei der zweiten Betrachtung langsam nach und nach bewusst werden...
Das Zentrum des Films bildet natürlich die sich entwickelnde Beziehung zwischen Ned und Matty. Sie funktioniert trotz der zahlreichen stilisierten Dialoge aufgrund des grandiosen Spiels von William Hurt und Kathleen Turner. Dabei ist Ned zwar selbst alles andere als dumm, aber trotzdem zu arglos, um sofort die wahre Durchtriebenheit von Matty zu durchschauen. Das ist auch nicht verwunderlich, denn Kathleen Turner überzeugt (in ihrer ersten Kinorolle überhaupt!) restlos als die emblematische Femme fatale.
Ihnen zur Seite steht eine Reihe von bestens ausgearbeiteten und ausnahmslos absolut überzeugend gespielten Nebencharakteren. Dabei sind nicht nur die beiden Freunde von Ned, der Anwalt Peter Lowenstein und der Polizist Oscar Grace, und Mattys Mann sehr interessante, und für heutige Verhältnisse auch ungewohnt knorrige Originale. Selbst Personen, die für die Handlung an sich eigentlich unwichtig sind, wie z.B. die Bedienung in Neds Stammkneipe oder Neds Sekretärin werden hier, soweit es bei ihrer begrenzten Leinwandpräsenz überhaupt möglich ist, mit einer eigenständigen Persönlichkeit ausgestattet.
Doch BODY HEAT ist nicht nur ein, durch das ebenfalls von Lawrence Kasdan stammende Drehbuch ermöglichter, exzellent gespielter reiner Schauspielerfilm. Auch von der rein filmischen Seite her weiß BODY HEAT restlos zu überzeugen und zu begeistern! Dem Regisseur ist mit diesem Film ohne alle Abstriche gelungen die außergewöhnliche Atmosphäre der besten klassischen Noirs der 40er und 50er Jahre in die damalige amerikanische Gegenwart der frühen 80er zu transportieren.
Aber nicht nur das: BODY HEAT verbindet die klassischen Noir-Elemente wie spärlich ausgeleuchtete Aufnahmen bei Nacht und Nebel mit denen des weit weniger bekannten Sunshine-Noirs, der Darstellung moralischer Abgründe mitten unter der prallen Sonne des scheinbar unbeschwerten amerikanischen Südens wie Kalifornien oder Florida. Auch die Farbgebung und Kameraführung sind zu jedem Zeitpunkt genauestens überlegt und bis ins letzte Detail hin perfekt.
Dabei verzichtet BODY HEAT auf jede Art von offensichtlichen, knalligen Effekten. Alles ist extrem pointiert, zugleich äußerst subtil und gediegen. Und als Sahnehäubchen obendrauf gibt es noch einen wunderschönen Jazz-Score vom James Bond Filmmusikkomponisten John Barry. Alles zusammen macht BODY HEAT zu einem Noir-Meisterwerk von zeitloser Schönheit, dass auch bei wiederholtem Anschauen immer wieder aufs Neue fasziniert.
Lawrence Kasdans heute völlig zu Unrecht in weitestgehende Vergessenheit geratener BODY HEAT ist nicht nur der absolut beste Neo-Noir der 80er Jahre, sondern zugleich ein zeitloser Klassiker des Genres, und auf absoluter Augenhöhe mit Filmen wie CHINATOWN (Roman Polanski, 1974) und L.A. CONFIDENTIAL (Curtis Hanson, 1997). - Im Vergleich zu diesen Meisterwerken, die ein komplettes Gesellschaftsbild des Molochs Los Angeles in den 40er und 50er Jahren entwerfen, mag BODY HEAT zwar auf den ersten Blick weit weniger ambitioniert wirken. Doch seine große Liebe zum oftmals subtilen Detail machen den in BODY HEAT entworfenen Mikrokosmos unglaublich lebendig und faszinierend.