SERIE: USA, 2009
Regie: Martin Scorsese, Terence Winter, Tim Van Patten, Stephen Levinson
Darsteller: Steve Buscemi, Micheal Pitt, Kelly Macdonald, Michael Shannon, Michael Stuhlbarg, Michael K. Williams, Stephen Graham, Joseph Riccobene,
Atlantic City im Jahr 1920. Der Beginn der Prohibition. Enoch "Nucky" Thompson (Steve Buscemi), Schatzmeister der Stadt und seine Geschäftspartner sind über das Alkoholverbot nicht unerfreut. Denn der illegale Alkoholhandel verspricht eine riesige Gewinnspanne. Dieser ruft jedoch die Mafia, gierige Politiker und die Strafverfolgungsbehörden auf den Plan.
Eine Serie über den illegalen Alkoholhandel während der Ära der Prohibition. Dies klingt von Anfang an vielversprechend, denn passiert ist während dieser Ära ja so einiges.
Eine klare Trennung der Gesellschaftsschichten in arm und reich, schwarz und weiß, männlich und weiblich. Gleichzeitig Umbruchsstimmung. Neue technische Errungenschaften, Zeitenwende nach dem Ende des ersten Weltkrieges und exponentielles Wachstum des organisierten Verbrechens, gefördert gerade durch das Alkoholverbot.
Da gilt es einiges abzudecken. Da ist es mit einigen Charakteren, kleineren Settings und kompakten Drehbüchern nicht getan. Vor allem die Kulisse bietet da die eine oder andere finanzielle und logistische Herausforderung. Also viele Dinge die man falsch machen oder an denen so ein Projekt von Grund auf scheitern kann.
Verantwortlich für die Grundidee, das Konzept und das Schriftliche ist niemand Geringeres als Terrence Winter, der schon bei den Sopranos die Feder führte und auch für die Produktion verantwortlich war.
Außerdem an der Produktion beteiligt und für die Regie der Pilotfolge verantwortlich: Martin Scorsese.
Und wenn Scorsese bei einem Projekt die Finger im Spiel hat, ist Qualitätsarbeit so sicher wie das Amen in der Kirche. Allein die erste Episode steht für sich und kann als kleines Meisterwerk bezeichnet werden. Schon die Worte "Folge" oder "Episode" werdem diesem kleinen Stück Filmkunst nicht gerecht.
Aus jeder Pore versprüht der Pilot von Boardwalk Empire den einzigarten Stil des Altmeisters. Überall gibt es etwas zu entdecken, denn die Erzählweise, Aufbau und Kameraführung erinnern durchgehend an die großen Werke des Italoamerikaners.
Beispielsweise ist eine klare Hommage an Good Fellas zu erkennen wenn während des ersten Coups von Al Capone und Jimmy Darmody ein Auftritt eines Komikers, mitsamt applaudierendem Publikums, über die Szene des Überfalls geschnitten wird (Im gleichen Stil wurde der große Lufthansa-Raub schon in Good Fellas in Szene gesetzt).
Dann wären da noch die häufigen Standbilder, Rückblenden, der Aufbau des Erzählstrangs und vor allem der fulminante Showdown der den Zuschauer mit einem musikalisch unterlegten Zusammenschnitt des "Dahinscheidens" einiger Protagonisten (Casino) und einer kreisrunden Abblende (Departed) erstaunt und hungrig auf das was noch folgt zurücklässt. Da überraschen einen auch die Produktionskosten von 18 Millionen Dollar nur für die Pilotfolge nicht.
Natürlich war ich nach diesem unglaublich starken Auftritt sofort angefixt und es wurden große Erwartungen und Ansprüche auf die weiteren Folgen geweckt, die allesamt erfüllt wurden:
Atemberaubende Kulissen (die mit großem Aufwand in Brooklyn, New York aufgebaut wurden), ein beeindruckendes Ensemble von Schauspielern wie Michael Pitt der den Kriegsveteran Jimmy Darmody mit einer so überzeugenden inneren Zerrissenheit mimt, dass man sich die Frage stellt warum dieser Mensch nicht häufiger zu sehen ist. Steve Buscemi gibt meiner Meinung nach seine größte und ernsthafteste Rolle seiner Karriere zum Besten, Stephen Graham als junger Al Capone erinnert mit seinem impulsiven Charakterzügen an Joe Pesci in seinen Rollen in Good Fellas und Casino und Michael Shannon als fundamentalistisch-christlicher Prohibitionsagent leistet ebenfalls verdammt gute Arbeit.
Auch die weibliche Besetzung kann durch die Bank überzeugen. Vor allem Gretchen Mol setzt Akzente in der Rolle der intriganten, durchtriebenen und für eine große Überraschung sorgende Mutter von Jimmy Darmody. Ebenfalls für Sprachlosigkeit sorgte bei mir die Bandbreite an Themen die Boardwalk Empire abdecken kann, ohne den Blick aufs Wesentliche, nämlich den Charakter Nucky Thompson, zu verlieren.
Denn neben dem Alkoholhandel bekommt der Zuschauer auch einen Einblick in die Rassenkonflikte und die damit verbunden Unruhen zu dieser Zeit und die Rolle der Frau in der Gesellschaft, verdeutlich an dem nicht vorhanden Wahlrecht. Die politischen Verhältnisse in den USA und die Geschichte der demokratischen sowie der republikanischen Partei werden beleuchtet sowie die Auswirkungen des ersten Weltkriegs. Außerdem gezeigt wird der Aufstieg italienischer Mafiagrößen wie Al Capone oder Lucky Luciano, der Einwanderungsstrom aus Europa, die Unterstützung der irischen Separatisten durch amerikanische Waffen und und und, die Liste könnte noch lange weiter geführt werden.
Genauso spielend scheint den Machern der Serie die Mischung aus Mafiastory, Familiendrama, Sozialstudie und Politik von der Hand zu gehen, denn die verschiedenen Genres verschmelzen miteinander und ergeben ein schlüssiges Gesamtbild aus einem Guss. Nach der letzten Folge der ersten Staffel hatte ich eher das Gefühl statt einer Serie einen unglaublich langen Film gesehen zu haben.
Eine exzellente Arbeit die Martin Scorsese, Terrence Winter & Co. hier abgeliefert haben. Wie ich finde ein Paradebeispiel dafür, dass Blockbusterbudgets und intellektueller sowie cineastischer Anspruch kein Widerspruch darstellen muss. Wenn man bedenkt dass eine Serie wie Desperate Housewives bisher ca. 40 Millionen Dollar verschlungen hat ... Aber damit möchte ich gar nicht erst anfangen.
Alles in allem ein absolutes Must See für jeden Freund der anspruchsvollen Unterhaltung!
Die DVD der ersten Staffel erscheint am 10.Februar. Meine Empfehlung wie so oft: Auf Englisch genießen!
Ein Kunstwerk in dem Mafiastory, Familiendrama, Geschichte und Sozialstudie miteinander verschmelzen. EIN MUST SEE!
Die DVD der ersten Staffel erscheint am 10.Februar 2012! Zugreifen!