THRILLER/DRAMA: USA, 1985
Regie: David Lynch
Darsteller: Dennis Hopper, Isabella Rosselini, Kyle MacLachlan, Laura Dern
Lumberton, USA, ist eine saubere, aufgeräumte Kleinstadt mit weißen Zäunen,
grünen Gärten und freundlichen Menschen.
Plötzlich findet
Jeffrey Beaumont (Kyle MacLachlan) ein abgetrenntes Menschenohr im grünen Gras.
Seine Ermittlungen bringen ihn auf die Spur der geheimnisvollen Nachtclubsängerin Dorothy Vallens (Isabella Rosselini).
Noch ahnt er nicht, dass sein Versuch, in die Privatsphäre der Sängerin einzudringen, eine Eintrittskarte in eine andere, kranke, perverse Welt sein wird.
Kollegin Greta meint ja, David Lynch würde zuerst ein ganz normales Drehbuch schreiben,
dann mittendrin die Figuren durch andere ersetzen, die Hälfte der Seiten rausreißen und den Rest verfilmen.
Mag sein, das dies auf seine neueren Filme (Lost Highway,
Mulholland Drive) zutrifft.
Mag auch sein, dass dies der Grund ist, warum ich mit eben diesen Filmen relativ wenig anfangen kann.
Mir ist schon klar, dass ich mit dieser Aussage möglichweise meine Glaubwürdigkeit
als (Hobby-)Filmkritiker aufs Spiel setze.
Darum in aller Klarheit:
Selbstverständlich sind Lost Highway und
Mulholland Drive in all ihrer postmodernen
Extravaganz großartige, unbedingt sehenswerte Filme.
Aber ich mag ich es trotzdem lieber straight, direkt, in your face, wie der Amerikaner sagt.
Blue Velvet, gedreht 1985, ist straight und direkt.
Anstatt vertrackte Spiele mit verschiedenen Wahrnehmungsebenen zu zelebrieren,
zielt Mr. Lynch hier ohne Umschweife auf die Magengrube des Zusehers.
Die Szene, in der Dorothy vom perversen Psychopath Frank Booth (entfesselt: Dennis Hopper) vergewaltigt wird, während der Voyeur im Kleiderschrank hilflos zusieht, ist wirklich schwer zu ertragen.
Blue Velvet ist ein Film über Voyeurismus, Erregung, Lust und Macht.
Über die Anziehungskraft von Gewalt und Perversion.
Über Abgründe, die sich hinter sauberen Heile-Welt-Kulissen auftun.
Und zugleich ist der Film traumhaft schön fotographiert, opulent und sinnlich, ein optisches und akustisches Gesamtkunstwerk.
Neben Stanley Kubrick ist David Lynch einer der ganz wenigen Regisseure, die über die Jahre hinweg eine eigene Bildsprache kultiviert haben.
Wie das Licht eingesetzt wird, wie Optik und Akustik zusammenspielen, wie sich die Kamera den Gesichtern der Schauspieler nähert,
wie Räume und Schauplätze ins Bild gerückt werden: Ein Blick, und man weiß, dass es ein David Lynch-Film ist.
Blue Velvet ist zumindest meiner bescheidenen Meinung nach sein bester. Nicht nur das: Einer der besten Filme der achtziger Jahre obendrein.
Bitte den letzten Absatz noch mal lesen - und dann die DVD bestellen. Die gehört nämlich in jeden Haushalt!