OT: Blowup
GIALLO & FRIENDS: GB/I/USA, 1966
Regie: Michelangelo Antonioni
Darsteller: David Hemmings, Vanessa Redgrave, Sarah Miles, Jane Birkin
Beim nachmittäglichen Spaziergang durch den Park macht ein Fotograf ein paar Schnappschüsse. Erst beim Entwickeln der Fotos stellt er fest, dass er offenbar einen Mord fotografiert hat...-
Wer schon einmal selbst ein Foto entwickelt hat, kennt sicherlich diese besondere Spannung, die diese Arbeit mit sich bringt. Zunächst wird nur Verschwommenes sichtbar; Schemen, aus denen sich nach und nach mehr Details schälen, die wiederum sich langsam zu einem Bild verdichten. Unter Umständen birgt selbst dieses weitere auf den ersten Blick nicht sichtbare Geheimnisse in sich...
In BLOW-UP transformiert Michelangelo Antonioni ("Zabriskie Point") eben dieses Prinzip in eine vage Thrillerhandlung - was sich letztendlich als genialer Clou erweist. Lange Zeit "passiert" nicht wirklich etwas - und doch schwelt die eingangs erwähnte Spannung ab der ersten Filmminute. Das Bild entwickelt sich bereits. Und wir wissen, dass etwas damit nicht stimmt. Auch wenn die Konturen noch völlig unscharf sind.
Später dann die spontane Fotosession im Park. Mit den scheinbar belanglosen Schnappschüssen. Die mysteriöse Frau (fabelhaft: Vanessa Redgrave) mit dem auffälligen Interesse an den Bildern. Ein Rätsel. Alles hier entwickelt sich so langsam wie ein Negativ, aber es ist ungemein fesselnd und faszinierend.
BLOW-UP wird gerne als Inspirationsquelle für den Giallo genannt und manchmal sogar dem Genre direkt zugerechnet. Sicher; Regisseur Antonioni ist Italiener. Und selbstverständlich ist der Film virtuos in Szene gesetzt. Weiterhin geht es um einen Mord im Park und da sind viele schöne Frauen. Hauptdarsteller ist der brillante David Hemmings, der neun Jahre später noch einmal Zeuge eines Mordes werden sollte - im Argento-Klassiker DEEP RED.
Und auch Jane Birkin, die spätere leading role in Margheritis gotischem Murder Mystery SIEBEN TOTE IN DEN AUGEN DER KATZE ist dabei. Man erkennt sie nur nicht gleich. Kleiner Tipp: Sie ist beim Damenringen die süße nackte Blonde. Damit erschöpfen sich aber die Parallelen zum Giallo auch schon. Genrespezifische Motive, wie sie Mario Bava in seinem 1964er Ur-Giallo BLUTIGE SEIDE definiert hat, finden sich nicht.
Der schwarze Jazz-Musiker Herbie Hancock hat den Soundtrack geschrieben und einmal besuchen wir einen Gig der Yardbirds. Vielleicht ist BLOW-UP ohnehin weniger Kriminalgeschichte als viel mehr ein lakonisches, düsteres Portrait des (Mod-) London der Sechziger Jahre. Am Ende des Films steht ein Pantomimentennismatch. Es wirkt zunächst etwas albern und in die Länge gezogen, aber letztendlich stellt es auf äußerst geschickte Weise die gesamte Quintessenz dieses stillen Thrillers dar.
Ein Mordrätsel, das sich so langsam wie ein Negativ entwickelt. - Antonionis Klassiker aus dem Jahr 1966 kommt völlig ohne vordergründige Spannung und Action aus, fasziniert aber mit einigen genialen Kniffen und seinem raffiniertem Spiel mit Täuschung und Wirklichkeit.