OT: Hyeol-ui nu
MYSTERY-THRILLER: SüDKOREA, 2005
Regie: Kim Dae-Seung
Darsteller: Cha Seung-Won, Park Yong-Woo, Ji Sung, Yong Se-ah
Auf einer abgelegenen Insel, die mit einer profitablen Papierfabrik zu Reichtum gekommen ist, kommt es Anfang des 19. Jahrhunderts zu einer Serie von brutalen Morden.
Der ermittelnde Inspektor vom Festland findet heraus, dass diese Verbrechen mit einer mörderischen Intrige aus der Vergangenheit zusammenhängen, die Blut an den Händen der Inselbewohner hinterlassen hat
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BLOOD RAIN ist schon ein bisschen kurios. Inhaltlich erinnert der Film an ein Agatha Christie-Whodunit mit einem Katana tragenden asiatischen Sherlock Holmes, das mit blutigen Morden, vermeintlich oder tatsächlichen übernatürlichen Phänomenen und einer tief greifenden Geschichte über Leidenschaft, Schuld und Sühne aufgebrezelt worden ist, während es angesichts teurer und opulenten Kulissen und Kostüme optisch auch ein epischer Samuraifilm sein könnte.
Gerade diese Eigentümlichkeit ist auch der große Trumpf von BLOOD RAIN: die und sein Mut, die Elemente etwas zu mischen. Hier eine Schippe Mystery, dort eine Ladung Gore; aber die meiste Zeit über gibt es Befragungen, Befragungen, Befragungen mit den unterschiedlichsten Leuten, die aber fast alle irgendwo einen Doppelgänger im Film haben, was es dem westlichen Zuschauer etwas schwer macht, die Protagonisten auseinanderzuhalten, was den eh schon vertrackten Fall zunehmend verkompliziert.
Und hier hat man das kriminalistische Labyrinth von BLOOD RAIN vielleicht etwas zu verwinkelt und - ja, es ist ein Paradox - gleichzeitig zu oberflächlich gestaltet.
Denn hier ist es nicht so wie etwa bei den Stücken der großen Krimikönigin Agatha Christie, wo die Verhöre die Kreise um den Täter enger ziehen oder manche Verdächtige ein paar Mal unter die Lupe genommen werden müssen, um auf der Wahrheit dunkler Grund zu kommen. Nein, bei BLOOD RAIN läuft es eher nach dem Schema: Es werden immer neue Leute befragt, weil die zuvor Befragten fast postwendend gewaltsam in die nächste Welt befördert worden sind.
Dies gibt den Film besonders im Mittelteil und im letzten Drittel einige Längen; auch wenn die vielen Verhöre immer wieder mal von teils relativ drastischen Bluteinlagen unterbrochen werden. Das Finale aber ist dann doch eines der zupackenden Sorte und offenbart letztendlich einen recht anspruchsvollen Kriminalfall mit einer schlüssigen Motivierung und Auflösung.
BLOOD RAIN ist alles andere als uninteressant, denn es ist schon originell ein splattriges Kriminalstück mit Mystery-Anleihen in den Sets eines Chanbaras minus den Schwertkämpfen anzusiedeln. Gut gespielt bei beeindruckender Technik und Optik hat der Film trotzdem ein kleines Dilemma, das ich mal mit einem leicht hinkenden Vergleich zu erklären versuche:
Ich habe den MORD IM ORIENTEXPRESS im Fernsehen gesehen und konnte damals nicht erwarten, bis der nächste Fall des Monsieur Poirot ausgestrahlt wird. Nach einer Folge COLUMBO wurde ich Stammzuschauer und ich habe es immer bedauert, dass es nie einen zweiten Teil der NAME DER ROSE gegeben hat. Ob die Welt eine weitere Ermittlung von Inspektor Won-kyu braucht? - Keine Ahnung, denn sein Fall BLOOD RAIN war zwar visuell beeindruckend, gutblutig und recht clever ausgetüftelt, aber er war auch ziemlich sperrig, überladen und konnte mich nicht durchgehend bei der Stange halten. Zumal die Geistesblitze des Ermittlers längst nicht so gegleißt haben wie die der berühmten europäischen Kollegen Poirot oder Holmes.