THRILLER: USA, 2016
Regie: Jean-François Richet
Darsteller: Mel Gibson, Erin Moriarty, Michael Parks, William H. Macy
Ein plötzlicher Anruf seiner vermissten Tochter reißt John Link aus seiner Lethargie: Sein Mädchen lebt, aber sie steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten: Lydia hat ihren Dealer-Freund erschossen. Das Kartell will sie tot sehen. Doch John Link weiß, wie man mit Schwerverbrechern umgeht, war er doch schließlich selbst einmal einer ...
In die Enge getriebene Väter, die mit Gewalt um ihre Töchter bzw. Familien kämpfen, sind zu einem beliebten Motiv im Actionkino der letzten Jahre geworden. Fragen Sie Liam Neeson, fragen Sie Jason Statham und jetzt auch Mel Gibson.
Für diesen Trend mag es demographische Gründe geben: Die Buben, die mit dem Actionkino der Achtziger und Neunziger aufgewachsen sind, werden naturgemäß nicht jünger. Viele haben inzwischen selbst Kinder, was es den Drehbuchautoren einfach macht, emotional am Vater-Gen der Zuseherschaft anzudocken.
Dazu bedarf es klarerweise ordentlich ausgearbeiteter Charaktere und glaubwürdiger Schauspieler. Nach all den Eskapaden der letzten Dekade hat man ja fast schon vergessen, welche schauspielerische Urgewalt Mel Gibson freisetzen kann, wenn er richtig gefordert wird. Nichts gegen spaßige Villain-Auftritte wie zuletzt in MACHETE KILLS oder THE EXPANDABLES 3, aber Gibson ist nur wirklich gut, wenn seine Rolle eine tragische Fallhöhe hat, am besten mit autobigraphischem Echtheitszertifikat.
Die Rolle des trockenen Alkoholikers und Ex-Tunichtguts John Link ist Gibson wie auf den ramponierten Leib geschrieben. John Link hat jede Menge Scheiße gebaut - und er ist jederzeit in der Lage, es wieder zu tun. Weil ihn die Umstände dazu treiben. Aber auch, weil der dumme, kriminelle Scheiß schon auch verdammt viel Spaß machen kann, wie er seiner Tochter (beachtlich: Erin Moriarty aus TRUE DETECTIVE) verrät.
Es sind die vielen kleinen Details, die BLOOD FATHER auszeichnen. Der französische Regisseur Jean-François Richet (PUBLIC ENEMY No 1) bringt einen spezifisch europäischen Blickwinkel in das ur-amerikanische Actionthriller-Szenario ein. Etwa in der Szene, als John Link / Mel Gibson sich in einer Weise über mexikanische Immigranten äußert, welche ihn - was für eine Überraschung - eher als Trump- denn als Bernie Sanders-Anhänger ausweist. Und da haben wir noch gar nicht seine Rocker-Freunde kennengelernt, die ihren Clubraum liebevoll mit Flaggenwerk reichsdeutscher Herkunft dekorieren. Ideologische Verwirrung also allerorts, womit der Film ein möglicherweise unbeabsichtigtes, aber treffendes Statement zum Zustand der Welt Anno 2016 abgibt.
Mel Gibson mag ein alter Narr sein, mit dem man nicht unbedingt über Weltanschauliches diskutieren möchte. Aber der Mann will es offensichtlich noch einmal wissen und legt sich wirklich ordentlich ins Zeug. Inszeniert ist BLOOD FATHER sowieso top: Die Spannung steigt kontinuierlich, und die Action ist zwar vergleichsweise sparsam, aber ausgesprochen wirkungsvoll dosiert. Eine Verfolgungsjagd gipfelt in einen hübschen Mad Max-Gedächtnisstunt, wo ein Biker schmerzhafte Bekanntschaft mit den Rädern eines 30-Tonnen-Trucks macht.
Auch wenn der Film in den amerikanischen Kinos nur wenige Freunde finden konnte und hierzulande direkt auf DVD verramscht wird: Er ist wirklich gut. Spannende, bodenständige, um Realismus bemühte Action-Drama-Bastarde kann es gar nicht genug geben.
BLOOD FATHER ist ein erdiger, bodenständiger Action-Thriller mit einem verdammt stark aufspielendem Hauptdarsteller. Möglicherweise Mel Gibsons bester Film seit - lasst mich nachdenken - MAD MAD 2? Hmm, vielleicht doch etwas zu hoch gegriffen. Vorschläge bitte im Kommentarbereich hinterlassen.