THRILLER: USA, 2024
Regie: Zoe Kravitz
Darsteller: Naomi Ackie, Channing Tatum, Alia Shawkat, Christian Slater, Simon Rex, Haley Joel Osment
Was soll schon schiefgehen, wenn ein Milliardär, den man auf Instagram anhimmelt, einen auf seine Privat-Insel einlädt? Eh nix, denken sich Frida und Jess und genießen die Sonne, die Fünf-Sterne-Menus, den Champagner und das MDMA. Bis etwas passiert, was Frida in Panik versetzt ...
Slater King. Wer so heißt, kann eigentlich nur ein Tech-Milliardär sein. Nach einem Fehltritt, für den er sich in Interviews wortreich entschuldigt, zieht er sich aus dem operativen Geschäft zurück und begibt sich in Therapie, die darin besteht, auf einer Insel Hühner zu züchten. Was halt superreiche Exzentriker so tun, wenn der Tag lang ist. Langweilig wird ihm jedenfalls nicht, dafür sorgt schon die Entourage aus engen FreundInnen, persönlicher Assistentin, Leibkoch und Sicherheitschef, ein Ex-Marine.
Moment, wozu braucht man auf einer unbewohnten Privatinsel einen Sicherheitschef? Und warum sieht man eigentlich nie das Meer? Fragen, die sich Frida und Jess, die hier zu Gast sind, vorerst nicht stellen. Weil die Parties nie enden, weil der Champagner und das nachhaltige MDMA aus vermutlich biologischem Anbau nie ausgehen, weil alle so super drauf sind, weil niemand mehr weiß, welcher Tag eigentlich ist.
Zugegeben, die Inhaltsangabe klingt jetzt nicht unbedingt nach einem Highlight des Kinosommers. Und der weitgehend nichtssagende Trailer hilft auch nicht weiter. Tatsächlich hätte ich BLINK TWICE wohl ignoriert, gäbe es nicht die extrem euphorische Rezension auf der FM4-Website und im Podcast (bitte erst nach dem Film anhören!). Und was soll ich sagen: Es ist wahr und kein bisschen übertrieben. BLINK TWICE ist das hervorragende Regie-Debut von Zoe Kravitz, der talentierten Tochter vom schönen Lenny. Man stelle sich die Quersumme aus PROMISING YOUNG WOMAN, GET OUT, HOLIDAY und SALTBURN vor, um eine ungefähre Ahnung zu bekommen, wo die filmische Reise hingeht. Stilistisch ist der Film sowieso großartig. Er hat kein Gramm Fett zu viel, jede Szene, jede Einstellung, jedes Requisit, jeder scheinbar beiläufig hingeworfene Satz wird eine Bedeutung haben - und trotzdem wirkt er in keiner Sekunde überladen oder gar prätentiös.
Der anfänglich etwas satirische Tonfall verflüchtigt sich rasch. Ein Gefühl von diffuser, nicht greifbarer Bedrohung legt sich über die sonnendurchfluteten Bilder, Irritationsmomente häufen sich, die Spannung steigt kontinuierlich, und im letzten Akt wähnt man sich eher in einem Eli Roth-Film als in der belanglosen Schöne-Menschen-auf-einer-Insel-Komödie, die der Trailer suggeriert. Apropos schöne Menschen: Die Besetzung ist ja auch unglaublich. Channing Tatum darf zum ersten Mal überhaupt einen Bad Guy spielen, und er macht es hervorragend. Richtig weird ist aber die Liste an prominenten Nebendarstellern, die fast schon in Terrence-Malick-Manier nur für ein paar Szenen vorbeischauen: Christian Slater, Kyle MacLachlan, Saul Williams, Geena Davis und Haley Joel "I see dead people" Osment.
Bei Filmen der Kategorie irgendwas stimmt hier nicht ist die Auflösung oft ein Schwachpunkt. Und auch hier könnten Skeptiker einwenden, dass der ugly shit, der hier passiert, keine große Überraschung ist. Zumal das in einem spektakulären realen Kriminalfall (den ich aus Spoiler-Gründen hier natürlich nicht nennen werde) fast genau so geschehen ist. Es ist eher das wie, mit dem Zoe Kravitz die große Verstörungskeule auspackt. Ein ziemlich krasser Film, extrem mitreißend, euphorisierend, sexy und verstörend zugleich. Wird sich in meiner Jahreswertung wohl sehr weit vorne wiederfinden.
Souveränes, super-spannendes Regie-Debut von Zoe Kravitz, der talentierten Tochter vom schönen Lenny, wo schöne Menschen auf einer schönen Insel sehr unschöne Dinge tun.