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Black Robe - Am Fluß der Irokesen

Black Robe - Am Fluß der Irokesen

HISTORIENFILM: CAN/AUS, 1991
Regie: Bruce Beresford
Darsteller: Lothaire Bluteau, Aden Young, Sandrine Holt, August Schellenberg

STORY:

Der französische Jesuiten-Priester Laforgue alias Black Robe und der "indianisch" sprechende, aufstrebende Jesuit Daniel sollen eine tief in der Wildnis abgeschiedene, christliche Mission aufsuchen, um dort dem örtlichen Klerus zu helfen, den Indianerstamm der Huronen, auch Wyandot, vom Christentum zu überzeugen. Eine Gruppe von Indianern vom Stamm der Algonkin wurde beauftragt, die Männer auf diesem winterlichen Kanuausflug zur entlegenen Mission zu eskortieren, auch um sie vor möglichen Angriffen der Irokesen zu schützen. Es beginnt eine gefährliche, Kulturen verändernde Reise in Kanadas unbarmherzige Wildnis, ein glaubensprüfender Weg tief in die eigene Seele, welcher die hässliche Fratze intensiven Glaubens verschleiert und gewaltfrei sichtbar macht.

KRITIK:

Der Australier Bruce Beresford (Driving Miss Daisy) wollte Brian Moores Roman (welcher auch das Drehbuch verfasste) unbedingt verfilmen, unmittelbar nach der Veröffentlichung im Jahre 1985. Jedoch gab es damals Probleme mit den Filmrechten, bis es sechs Jahre später schließlich doch noch klappte. Der fertige Film ist der Beweis, dass ihm das Projekt sehr am Herzen lag.

Das Buch weicht jedoch ein wenig ab vom Film. Vor allem, was die dargestellte Gewalt betrifft, ist das Buch extremer, da Beresford beispielsweise die kannibalistischen Rituale der Irokesen nicht ins Drehbuch adaptierte. Der Film ist jedoch trotzdem noch sehr heftig in einigen Szenen. Auch die Sprache wurde ein wenig entschärft, wohl einfach, um mehr Zuschauer vor die große Leinwand zu bekommen. Der Film wurde vor allem gelobt für seine historische Genauigkeit und Unverfälschtheit.

Das Budget wurde weniger für große Namen als vielmehr zugunsten der Glaubhaftigkeit der Geschichte verwendet. Und das Ergebnis kann sich mehr(m)als sehen lassen. Die Authentizität, mit welcher der Film das Leben der Indianer darstellt, sucht seinesgleichen in diesem Subgenre und im Spielfilm generell. Jeder Laie erkennt sofort, dass jede Menge Geld, Zeit und Anstrengungen investiert wurden, um diese Epoche in der kanadischen Provinz Quebec zum Leben zu erwecken. Die Details der jeweiligen Sprachen unterschiedlicher Stämme, der Kleidung und der Behausungen, die Einzelheiten die Architektur betreffend wie auch Jagdmethoden, alltägliche Verhaltensweisen wie Essensart, gegenseitiger Umgang und Sozialverhalten wurden realitätsnah und glaubhaft rekonstruiert. Auch die Figur des Laforgue alias Black Robe (die Ureinwohner Amerikas nannten die katholischen Priester 'Blackrobes' wegen ihrem schwarzen Zwirn) basiert auf einem echten Jesuiten, Noel Chabanel, welcher 1649 von einem Abtrünnigen der Huronen getötet wurde.

In erster Linie handelt der Film von dem Zusammenprall zweier Kulturen, deren Verhaltensweisen und Denkweisen sowie Interessen, säkular und spirituell, unterschiedlicher nicht sein könnten. Dennoch versuchen die "zivilisierten" Christen und die "wilden" Indianer sich miteinander zu verständigen, da sie natürlich auch neugierig sind. Ein Beispiel für diese natürliche Neugier und auch für geschichtliche Akkuratesse ist die dargestellte Reaktion der Indianer auf die läutenden Uhren der Priester. Sie halten diese für eine Art Idol, welches die Blackrobes anbeten.

Das zweite zentrale Thema ist natürlich Religion. Der Film hinterfragt mehrmals die Notwendigkeit und den Nutzen des Christentums für das bescheidene "Heidenleben". Schnell wird klar, dass die Indianer keinen Nutzen haben für das Christentum, das man ihnen so vehement versucht aufzuzwingen. Der Zweifel des jungen Daniel an der Überlegenheit and einzigen Wahrheit seiner Religion wird deutlich erkennbar, als er einer jungen Indianerin nicht erklären kann, warum Priester auf ein zölibatäres Leben schwören, obwohl er selbst und sogar Laforgue sich nach weiblichen Beischlaf sehnen. Daniel ist folglich zu schwach, um in dieser trostlosen, gottverlassenen Eiswelt, weit entfernt von jeglicher christlicher Institution und scheinbar außer Reichweite des gewaltigen Arms der Kirche, seinen Faden zu Gott aufrechtzuerhalten und diesen wilden, wärmenden Beinen und Brüsten zu widerstehen, im Gegensatz zu Laforgue. Die Indianer halten Letzteren deshalb, da er niemals bei einer Frau liegt, für einen Dämon, welcher ihre Geister erzürnt.

Für die Schamanen, also die (mehr oder weniger) Pendants zu den Priestern, auf der anderen Seite, ist die Traumdeutung für Entscheidungen und Erklärungen etc. ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens, doch Priester Laforgue, von seiner Rechtschaffenheit absolut überzeugt, bezeichnet dieses zentrale Element der indianischen Kultur als heidnischen Schwachsinn. Und wie jeder weiß, gibt es keine zweite Meinung im Christentum. In allen Kulturen, wo Christen das "Wort Gottes" verkündeten, erzeugten sie Chaos, zerstörten Tradition und Harmonie oder brachten das Schwert, um überzeugender zu sein und ein wenig nachzuhelfen - alles mit Gottes Segen selbstverständlich. Die Katholiken wollten die Welt erobern und zu ihren Gunsten formen. Genau diesen Eindruck bekommt man auch hier. Jedoch sind die Jesuiten im Film friedlich und Laforgue ist überzeugt, dass er diese Leute zu einem besseren Leben führt.

Diese extrem schwierige Mission ist für die sehr gebildeten Priester, vor allem auf Grund ihres umfangreichen Wissens und ihrer Schriftkundigkeit möglich, da die Indianer natürlich erstaunt und auch eingeschüchtert sind über die für sie unerklärlichen Fähigkeiten der Europäer.

Black Robe - Am Fluß der Irokesen Bild 1
Black Robe - Am Fluß der Irokesen Bild 2
Black Robe - Am Fluß der Irokesen Bild 3
Black Robe - Am Fluß der Irokesen Bild 4
FAZIT:

Black Robe ist sicherlich keine einfache Kost, doch Filmliebhaber sollten durchaus auf ihre Kosten kommen (dem durchschnittlichen Filmschauer eher abzuraten), auch solche, bei denen der Religionsunterricht schon etwas länger her ist, denn Black Robe ist auch ein Film über Abenteuer und das Wesen des Menschen. Was diese Menschen (unabhängig von ihren Absichten, welche ja ihrerseits liebevoll und rechtschaffen waren) riskierten und leisteten, also in eine unbekannte Welt reisten, unwissend, was genau sie dort erwarten würde, ohne Waffen, in extremstes Klima, ist heutzutage kaum vorstellbar. Der sehr schön fotografierte Film belohnt den Zuschauer mit einem besseren Verständnis über Europäer, die früh den Weg in die neue Welt wagten, um dort mit friedlichen Absichten mit den Ureinwohnern Amerikas, welche zum Teil nicht ungefährlich waren, Kontakt aufzunehmen, von ihnen zu lernen und ihnen zu "helfen". Diese Tatsache zeugt von der Größe (aber auch der Schwäche) der Menschlichkeit, unglaublichem Mut und unendlicher Hingabe. Bruce Beresford verglich den Mut dieser Menschen mit jenen, die heute in Space Shuttles ins All fliegen. Ich behaupte, dass trifft es nicht mal annähernd.

WERTUNG: 8 von 10 dämonischen Uhren
TEXT © Thomas Haider
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