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Berlin Calling

Berlin Calling

DRAMA: DEUTSCHLAND, 2008
Regie: Hannes Stöhr
Darsteller: Paul Kalkbrenner, Rita Lengyel, Corinna Harfouch

STORY:

Der DJ und Producer elektronischer Clubmusik Martin Karow, genannt "Ickarus" (Paul Kalkbrenner), führt das wilde Leben eines nächtlichen Draufgängers. Untertags bastelt er an seinem zweiten Studioalbum, in der Nacht steht er entweder auf der Bühne, oder gibt sich einem Rausch aus Musik, Partys, Sex und Drogen in Berlins Clubszene hin. Besonders letztere werden ihm nach der Einnahme einer hochdosierten Ecstacy-Pille zum Verhängnis: Ickarus landet im Krankenhaus und wird mit Verdacht auf eine dauerhaft schizophrene Verhaltensstörung in eine Psychiatrie eingewiesen. Doch seine Musik, seine Freundin und die Partynächte lassen ihn nicht los - und so kehrt Ickarus immer wieder dorthin zurück, ohne zu realisieren, dass ihn dieses Leben letztendlich mehr auslaugt als glücklich macht.

KRITIK:

Der Regisseur und Drehbuchautor des deutschen Films, Hannes Stöhr, fand eigenen Angaben zufolge seine Inspiration in der Geschichte von DJs, die mit ihren Plattenkoffern durch die Clubs ziehen und sich dabei nur durch große körperliche und geistige Anstrengung über Wasser halten können. Nun, Paul Kalkbrenner, der ein überragendes Schauspieldebüt abgibt, ist zwar kein DJ im herkömmlichen Sinne - seine Musik produziert er auch auf der Bühne "live" -, aber in der Szene alles andere als ein Unbekannter. Seit seinen ersten Produktionen 1999 wird er als Vertreter von Electro und Minimal Techno durchwegs hoch gelobt und konnte auch international große Bekanntschaft erreichen. Bei der Suche nach der Verkörperung eines enthusiastischen, vollbeschäftigten und dabei dauergestressten Musikproduzenten dürfte Stöhr die Wahl seines Hauptdarstellers also nicht schwer gefallen sein.

"Berlin Calling" sticht aber nicht nur durch das authentische Spiel der Charaktere hervor - wie viel vom Skript auch auf Kalkbrenners eigenes Leben zutrifft oder gar autobiografisch veranlagt ist, kann man als Zuseher nur vermuten -, sondern auch, weil der Film einer der ersten ist, die einen glaubwürdigen und dabei nachvollziehbaren Einblick in die deutsche Clubszene bieten. Selbst Leute, die noch nie auf einem Rave oder einer anderen Tanzveranstaltung waren, erfahren so was es heißt, Party zu machen, sich dabei zu verausgaben und nebenbei noch zu versuchen, irgendwie an Geld zu kommen - wobei der Traum, selbst einmal entsprechende Musik zu produzieren, sicher in den meisten Szenevertretern schlummert.

Der Film hat trotz dieser Innovation aber durchaus auch seine Schwächen. So spielen sich im Laufe der Spielzeit immer mehr Szenen innerhalb der Psychiatrie, in der Ickarus verweilen muss, ab - was zwar zu einigen interessanten und witzigen Momenten mit den Patienten und der Chefärztin - einst selbst eine Partygängerin - führt, größtenteils aber nicht das ist, was man in einem Film mit Paul Kalkbrenner sehen will.

Auch ist es anfangs etwas irritierend wenn man erkennt, welch großen Erfolg der Protagonist in der Szene bereits feiert. Geldprobleme und vor allem Zwist mit dem Finanzamt sind ihm zwar auf die Fahnen geschrieben, doch wer erwartet, hier das Dokument eines bemühten Aufsteigers zu sehen, liegt falsch. Der Fokus liegt, obwohl gerade in diesen Kreisen eine große Newcomer- und Do-It-Yourself-Mentalität präsent ist, auf den Problemen eines Künstlers, der es zwar schon "geschafft" hat, an diesem Erfolg aber nahezu zerbricht.

Vielleicht macht aber auch genau das den Reiz des Filmes aus, ganz nach dem Motto: Selbst wenn du schon oben bist, kann dir immer noch Scheiße widerfahren, denn menschlich sind wir alle.

Berlin Calling Bild 1
Berlin Calling Bild 2
Berlin Calling Bild 3
Berlin Calling Bild 4
Berlin Calling Bild 5
FAZIT:

Sucht man nach einem filmischen Dokument über das Leben von und mit elektronischer Tanzmusik in Deutschland, kann man eigentlich nur zu "Berlin Calling" greifen - obwohl der Film alles andere als ein Dokumentarfilm ist und das auch gar nicht sein will. Seine Charaktere überzeugen in jeder Minute, seine Geschichte weiß den Spannungsbogen nicht immer zu halten, bietet allerdings ein gutes Fundament für alles, was sie umgibt und das eigentlich Essentielle des Streifens ausmacht. Dazu gehört auch die fantastisch passende Musik, die zu 90% von Kalkbrenner selbst gleich dazu produziert wurde und es schafft, in jedem Moment die Stimmung zu unterstreichen und wiederzugeben.

WERTUNG: 8 von 10 Plattentellern
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