OT: Kærlighed på film - Just Another Love Story
THRILLER/DRAMA: DK, 2007
Regie: Ole Bornedal
Darsteller: Anders W. Berthelsen, Rebecka Hemse, Nikolaj Lie Kaas
Das sichere, aber langweilige (Familien-)Leben des Polizeifotographen Jonas ändert sich schlagartig, als er einen Autounfall verursacht: Aus Schuldgefühlen besucht er das im Koma liegende Opfer Julia auf der Intensivstation. Deren Familie hält ihn fälschlicherweise für Julias Freund Sebastian, der in Südostasien vermisst wird. Jonas spielt das Spiel mit und gibt vor, Sebastian zu sein. Julia kommt langsam zu sich, beginnt sich zu erinnern. Was ist in Asien geschehen? Wo ist Sebastian wirklich? Ihre Vergangenheit holt sie ein. Und eine Tragödie nimmt ihren Lauf
KRITIK:Eine schöne Frau und ein Mysterium. So fängt jeder Film Noir an. Nein, das ist jetzt keine Binsenweisheit von mir, sondern ein Filmzitat. Ich-Erzähler Jonas spricht es aus dem Off, während sein Körper regungslos auf der Straße liegt. Seine Augen sind weit geöffnet, neben ihm liegt ein Koffer, es regnet in Strömen, und der Asphalt färbt sich rot. Blutrot. Jonas ist tot.
Das war der Anfang. Und gleichzeitig das Ende. Und dann kommt die Vorgeschichte - aus dem Blickwinkel der toten Hauptfigur.
Keine Frage: Ole Bornedal, bekannt vor allem für seinen schwarzhumorigen Thriller NACHTWACHE (1994), kennt sich auch mit den Regeln des Film Noir, die er abwechselnd respektvoll zitiert und ironisch bricht. Die obligatorische Femme Fatale zum Beispiel: Sie ist weder schön noch verführerisch. Im Gegenteil: Ihr Gesicht ist von einem Unfall entstellt, und sie liegt im Koma. Doch das hindert den (Anti-)Helden nicht daran, sich augenblicklich zu verlieben und für sie Frau und Kinder sitzen zu lassen.
Es sind diese fiesen kleinen Doppelbödigkeiten und Stil-Brüche, die diesen dänischen Thriller auszeichnen. Da sieht man gerne darüber hinweg, dass die Glaubwürdigkeit der Story enden wollend ist. Dass hauptberufliche Logiklöcher-Zähler zwei oder dreimal fündig werden könnten. Und dass die perfekte Ausleuchtung, die penible Farbdramaturgie und die hochprofessionelle Inszenierung fast schon zu perfekt, um nicht zu sagen streberhaft wirkt: Man merkt, dass der Regisseur kurzzeitig in Hollywood gewerkt hat.
Aber warum beschwere ich mich eigentlich? Der Film ist stellenweise wirklich verdammt spannend (die Süddeutsche Zeitung zog gar Parallelen mit Hitchcocks VERTIGO). In bester (Neo-)Noir-Tradition ist die Hauptfigur eine psychisch zerrüttete, moralisch fragwürdige Gestalt, die aber jede Sekunde glaubwürdig und nicht grundsätzlich unsympathisch erscheint. Die Stimmung ist angemessen düster, pessimistisch und morbide. Und auch die Balance zwischen Thriller- und Drama-Parts gelingt Regisseur Ole Bornedal ausgesprochen gut. Sollte er wie schon bei NACHTWACHE zu einem Hollywood-Remake überredet werden, plädiere ich für Johnny Depp in der Hauptrolle. Würde zweifellos passen.
Nach längerer Auszeit meldet sich NACHTWACHE-Regisseur Ole Bornedal mit einem düsteren und fast schon zu perfekt inszenierten Neo-Noir-Thriller zurück. Klare Empfehlung für 100 sau-spannende Minuten bester europäischer Filmunterhaltung.