(AMATEUR-)HORROR: D, 2011
Regie: Tom Maurauder
Darsteller: Tom Maurauder, Ursula Grieser, Wolfgang Grieser, Timo Homburg
Tim Ritter kann seit längerem nicht mehr schlafen. Immer Nachts hört er sonderbare Geräusche aus dem Keller. Dabei kann niemand sonst im Haus sein, denn die Wohnung unter ihm ist seit langer Zeit nicht mehr vermietet. Als ein Klempner die Rohre im Haus als Ursache ausschließt, recherchiert Ritter auf eigene Faust und stößt auf dabei auf Ungereimtheiten in Zusammenhang mit seinem Vormieter Herr Ritter.
YouTube war mal eine wirklich feine Sache und ein Hort künstlerischer Betätigung. Vor einigen Jahren mutierte die Seite allerdings zu einer Jauchegrube, vollgespammt von hirnlosen Volldeppen, die der jugendlichen Zielgruppe inhaltsleeren und informationslosen Schwachsinn als wichtig verkaufen. Ohne Frage gibt es auf YouTube sehr gute Formate - Filme und Videos -, gemacht von kreativen Menschen, die sich so auszudrücken versuchen, der Welt wirklich etwas zu erzählen haben und nicht bloß für hohe Clickzahlen und die damit verbundene Kohle ein auf Video gebanntes Inhaltsvakuum nach dem anderen für die Generation U20 rauskloppen.
Wie üblich, die Ausnahmen bestätigen die Regel und so verstecken sich auf YouTube durchaus einige Perlen. Das Problem ist nur, dass man durch die Scheiße tauchen muss um sie zu finden. Wobei man als Faustregel einfach schon mal alles ignorieren sollte, was auf der Startseite als "meistgesehen" angepriesen wird - Euer Hirn wird's euch danken.
Von mir gern gesehene Formate sind die EVERTHING WRONG WITH... Videos von CinemaSins sowie die HONEST TRAILERS von ScreenJunkies. Ansonsten schaue ich mir auf YouTube - neben den Videos von IFBB Pro Markus Rühl - hauptsächlich Filmtrailer zu neuen und alten Produktionen an. Und - und damit kommen wir so langsam zum eigentlich Thema dieser Besprechung - den Kanal DVDMadness2010.
Der von Thomas Grieser betriebene Kanal bringt hauptsächlich Formate zu Horrorfilmen. Rezensionen, Neuigkeiten, vor allem zu Found Footage-Filmen, und Formate bei denen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen. Nach diversen Kurzfilmen drehte Grieser 2011 einen Horrorfilm, der sogar in österreichischen Landen auf dem Fright Nights Horrorfilmfestival lief, den hier besprochenen BASEMENT - der inzwischen auf YouTube kostenlos zur Verfügung steht. Feine Sache, das.
Nun bin ich sicherlich nicht der größte Found Footage-Fan, dafür bin ich ein viel zu großer Angsthase - hehe. Naja, in Wirklichkeit sind viele der Produktionen einfach Schrott. Aber gegen einen gut gemachten Film habe ich nichts einzuwenden. BLAIR WITCH PROJECT, PARANORMAL ACTIVITY 1-3 sowie [REC] sind gelungene Beispiele für gute Genrevertreter. Ebenso wenig sage ich zu gut gemachten Amateurfilmen nein - schließlich bin ich großer Neverhorst-Fan - und ein Amateurfilm der nicht im heimischen Wald mit einem halben Kilo Schlachtabfällen heruntergedreht wurde, ist mir sowieso immer willkommen.
Eins wird schon zu Beginn deutlich. Nämlich, dass Regisseur Tom Maurauder – aka Thomas Grieser – ein großes Faible für Found Footage-Filme hat und, dass ihm die Mechanismen des Genres inzwischen ins Blut übergegangen sind. Dabei ist es etwas schade, dass er im Laufe der Spielzeit nicht die eng gesteckten Grenzen verlässt und die Regeln auch mal bricht. Aber, ich denke es wäre auch zu viel verlangt, von einem Amateurfilm zu erwarten einem ganzen Genre frischen Wind einzuhauchen. So folgt Maurauder dem abgesteckten Weg – das allerdings auf erstaunlich effektive Art und Weise.
Zumal er eine einleuchtende Erklärung dafür gefunden hat, ständig mit einer Kamera rumzurennen - etwas das professionelle Produktionen oftmals nicht zu bieten haben und die es dem Zuschauer so mit der „Suspension of Disbelieve“ schwer machen. Zusätzlich schaltet die Hauptfigur Tim Ritter die Kamera auch in einigen unwichtigen Momenten – oder aber Momenten in denen niemand eine Kamera halten oder auf sich richten würde – aus, was für zusätzlichen Realismus sorgt. Ebenso wie das Set, das Haus in dem Grieser tatsächlich wohnt, viel unmittelbarer wirkt, als ein extra eingerichtetes Set.
BASEMENT ist erstaunlicherweise sehr atmosphärisch und spannend, auch wenn manche Szenen diese Spannung – unfreiwillig – brechen. Zum einen wäre das der Moment in dem Herr Schwarz die Tür aufmacht und Tim Ritter begrüßt. Gespielt von Griesers Vater Wolfgang Grieser, spricht Herr Schwarz mit breitestem hessischem Dialekt, was naturgemäß eher lustig wirkt. Dennoch habe ich mich über das Lokalkolorit gefreut, das der Film dadurch bekommt, schließlich komme ich fast aus derselben Ecke. Leider begeht Maurauder zum Schluss einen Fehler, den viele Genreproduktionen machen – er zeigt die Bedrohung als Gestalt. Ich will das Ende an dieser Stelle mal nicht spoilern, aber die Luft ist leider raus, sobald der Geist sein wahres Gesicht zeigt – vielleicht soll das auch augenzwinkernd gemeint sein, und ich habe es bloß nicht verstanden. Aber so oder so, Fakt ist – wäre die Gestalt ein Schatten geblieben, hätte BASEMENT so atmosphärisch geendet, wie er angefangen hat.
Nichts destotrotz, ist er recht effektiv, vor allem, wenn man die Videos von DVDMadness2010 regelmäßig schaut. Tom Maurauder ist kein wirklich guter Schauspieler – wobei ich schon schlechteres gesehen habe, auch im professionellen Bereich – und so ist sein Tim Ritter nicht so viel anders als der Grieser, den man aus den üblichen Videos kennt, was BASEMENT eine Metaebene hinzufügt, der so noch deutlich interessanter wird.
Technisch ist BASEMENT auf einem soliden Niveau, auch wenn das Found Footage-Genre – logischerweise – eher weniger auf ausgefeilte Kameraarbeit setzt. Bisweilen wird etwas arg viel rumgewackelt – auf meinem großen Bildschirm ist mir mal leicht schwindelig geworden, andere sind da vielleicht unempfindlicher als ich – und zwischendrin spinnt schon mal der Autofokus. Alles in allem geht das ansonsten in Ordnung. Die Spezial Effekte sind sehr einfach, aber nett und vor allem handgemacht.
In diesem Sinne: „Sie ham das auch gehört, auf jeden Fall.“ – „Auf jeden Fall!“
BASEMENT ist kein großes Kino, aber ein ambitioniertes Amateurfilmprojekt in Spielfilmlänge, das solide geschrieben und inszeniert wurde. Vor allem wirkt die Handlung nicht unnötig aufgeblasen, was bei vielen Amateurproduktionen leider Gang und Gebe ist. Die Geschichte wird stattdessen in den knapp 70 Minuten Laufzeit effektiv erzählt. Summa Summarum ist BASEMENT natürlich kein BLAIR WITCH PROJECT und kein PARANORMAL ACTIVITY, aber für eine Amateurproduktion durchaus gelungen und besser als manch anderer Amateurrotz, von dem manches leider auch noch eine professionelle Auswertung auf DVD spendiert bekommt.