OT: The Barn of the Naked Dead
BACKWOOD TERROR / EXPLOITATION: USA, 1973
Regie: Alan Rudolph
Darsteller: Andrew Prine, Manuela Thiess, Sherry Alberoni, Gyl Roland
Es war einmal eine Scheune irgendwo mitten in der Wüste Nevadas. Dort hielt ein Psychopath ein Dutzend Frauen gefangen, weil er - in seinem Wahn - diese als Zirkustiere und sich selbst als Dompteur betrachtete. So trieb er seine sadistischen Spielchen mit ihnen, bis sein Vater, der nach einem Atombombentest zum mordenden Monster mutiert ist, aus seinem Verschlag ausbricht -
KRITIK:So, Filmtipps hat für euch den Asbestanzug übergestreift und mal ein bisschen am schmierigen Bodensatz des Backwood-Horrorgenre der Siebziger herumgekratzt. Als erstes liegt in unserem Sieb ein amerikanisches Terrorfilmchen, welches offenbar mehr Identitäten als DER HEXER von Edgar Wallace besitzt. Manchmal begegnet es uns als CAGED WOMEN, manchmal als CAGED WOMEN II - Gepeinigt und gequält. Dann wiederum nennt es sich TERROR CIRCUS oder NIGHTMARE CIRCUS. Am allercoolsten ist aber der Originaltitel: BARN OF THE NAKED DEAD (nur übertroffen von BARN OF THE BLOOD LLAMA aus dem Jahr 1997, der aber wie alle "Barn"-Filme wertungstechnisch in den imdb-Rankings zwischen 2,2 und 2,6 Punkte liegt.)
In erster Linie ist - Titel auf der Zunge zergehen lassen! - BARN OF THE NAKED DEAD ein ziemlich krudes und schmieriges Backwoods-Terrorstück aus der Prä-TEXAS CHAINSAW MASSACRE-Ära, das von Alan Rudolph mit einem gehörigen Schuss mysogyner Frauenlageratmosphäre garniert wurde. Damit setzt er sich allerdings etwas zwischen die Stühle, denn bis auf eine einzige Blinzle-und-sie-ist-vorrüber-Duschszene ist in der BARN OF THE NAKED DEAD niemand naked.
Eingefleischten WIP-Fans dürfte dies natürlich entschieden zu wenig T&A sein; zumal auch die in diesen Kreisen gerne gesehenen lesbischen Spielchen unter den Gefangenen völlige Fehlanzeige sind. Dafür gibt es ein paar sadistische Appelle und Auspeitschungen, welche wiederum der anderen Zielgruppe - dem "normalen" Horrorfan- übel aufstoßen könnten.
Generell übel aufstoßen tut allen die ausgesuchte Dämlichkeit der gefangenen Frauen. So wird der Fluchtversuch einer Dame von lautstarkem Johlen und Anfeuern begleitet, so dass man sich fast schon im Fußballstadion of the Naked Dead wähnt. Und ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass die Flucht im Versuchsstadium stecken geblieben is t Zumindest an dieser Stelle werden Freunde des gepflegten WIP frohlockt haben, denn wie immer in diesem Sujet folgt dem Fluchtversuch die Peitsche.
Ansonsten treibt der Psychopath recht sadistische Spielchen mit seinen Gefangenen, zu denen er gerne mal Schlangen, Großkatzen oder seinen mutierten Daddy vom HÜGEL DER BLUTIGEN AUGEN hinzuzieht.
Der verkappte Zirkusdirektor und irre Scheunenwärter wird übrigens von Andrew Prine verkörpert, der allerdings nicht an seine tolle Performance als SIMON - KING OF THE WITCHES anknüpfen kann und wahrscheinlich auch nicht wollte. Denn nach eigenen Angaben schämt er sich für sein Mitwirken in der Scheune der nackten Toten noch heute wie ein Bettnässer.
Auch wenn aufgrund der ziemlich dilettantischen Machart des Ganzen katastrophale Rankings in den Filmdatenbanken sicherlich nicht von ungefähr kommen, stellt BARN OF THE NAKED DEAD dennoch ein sehr frühes Beispiel US-amerikanischen Terrorkinos a la THE HILLS HAVE EYES oder TEXAS CHAINSAW MASSACRE dar und verdient zumindest genrehistorisch Beachtung.
Besser wird Rudolphs Frühwerk dadurch freilich nicht, zumal auch die Morde des mutierten Daddys allesamt im Off geschehen und sich der Zuschauer den Splatter somit selbst ausmalen darf. Dafür ist das Ende schön kompromisslos ausgefallen. Am meisten jedoch verwundert, dass der Regisseur dieses Machwerks in den Achtzigern und Neunzigern fleißig romantische Filme mit Demi Moore, Timothy Hutton, Jennifer Jason Leigh und Matthew Broderick in Hollywood drehen durfte. Ob sich damals auch BARN OF THE NAKED DEAD in den Bewerbungsunterlagen befunden hat? Eher nicht, Tim!
BARN OF THE NAKED DEAD ist ein sehr frühes, aber auch sehr dilettantisches Exempel klassischen US-Terrorkinos. Dass der Film noch vor dem wegweisenden TEXAS CHAINSAW MASSACRE entstanden ist, zeugt zwar von Pioniergeist, aber nicht von Klasse. Miserabelste Werte in den Rankings der Filmdatenbanken und ein Hauptdarsteller, der sich noch heute für diese Rolle schämt, sollten Warnung genug sein. Ganz abgebrühte Backwood-Asis könnten unter Umständen dennoch einen Blick riskieren. Wenn sie sich im Rahmen eines kleinen Genrediskurses selbst davon überzeugen wollen, dass es schon vor Cravens HÜGEL DER BLUTIGEN AUGEN Mutanten in der Wüste Nevadas gegeben hat.