SATIRE: A, 2010
Regie: Paris Hilton
Darsteller: Paris Hilton, Otto Mühl, Marquis de Sade, Papst Benedikt XVI
Kürzlich hatte ich einen seltsamen Traum: Eine Pharmafirma lud Medienvertreter zu einer "Abführmittel-Produktpräsentationsparty". Ich war ein wenig verwundert, dass ich als Betreiber einer popeligen Film-Website zu einem derartigen Event eingeladen werde. Die Location versprach jedenfalls Glamour satt: Keine geringere Absteige als das Nobelhotel Hilton hatte der bekannte Pharmakonzern für seine Party gebucht. Die Herrin des Hauses - die Rede ist natürlich von Paris Hilton - war auch anwesend. Klar, dass sich die sensationsgierige Paparazzi-Meute sofort auf die berühmte Filmdiva stürzte.
Während die anderen Stargäste des Abends, die Aktionisten Günter Brus und Otto Mühl, der Schriftsteller Marquis de Sade und seine Exzellenz, Papst Benedikt der XVI, unerkannt blieben.
Sichtlich verunsichert, dass ihm ausgerechnet eine - wie er sich ausdrückte - "gottlose Party-Göre" wie Paris Hilton die Show gestohlen hatte, schritt Papst Benedikt zum Rednerpult. "Wer, wenn nicht Er, der Heilige Vater", eröffnete der Papst seine Grußbotschaft an die versammelte Paparazzi-Gemeinde, "Wer, wenn nicht Er, sei von Gott auserwählt, eine Abführmittel-Produktpräsentationsparty zu eröffnen?"
"Denn", so der Papst wörtlich, "wer sonst noch in diesem gottlosen Sündenpfuhl kann von sich behaupten, Heiligen Stuhl zu haben?"
Ein einleuchtendes Argument, dem niemand widersprechen konnte.
Paris Hilton versprach zwar, demnächst einen sogenannten "Kaviar-Porno" von sich in Umlauf zu bringen. Doch der subtile Wortwitz der grazilen Ausnahmekünstlerin war im Testosteron-Dampf der vor Geilheit sabbernden Paparazzi-Horden schlicht verpufft. Und das gewöhnliche Partyvolk fiel wie die Heuschrecken über das Sekt- und Kaviar-Buffet her. Nur Fressen und Saufen im Kopf, diese Kulturbanausen!
Schließlich beschlossen die Aktionisten Günther Brus und Otto Mühl, dem Abend doch noch einen künstlerischen Charakter zu verleihen.
Günter Brus breitete eine rot-weiß-rote Flagge, die er am Heldenplatz einem Bundesheer-LKW entwendet hatte, auf dem Boden der Hotel-Lobby aus. Blitzschnell leerten die beiden Aktionskünstler eine Flasche des Abführmittels. Die Wirkung setzte schlagartig ein: Brus konnte gerade noch seine Hose runterziehen, Mühl stimmte die ersten Worte der Bundeshymne an, da plumpste bereits die braune Masse aus den Aktionisten-Hintern, dass es eine Freude war. Die rot-weiß-rote Flagge hatte tiefbraune, übelriechende Flecken abbekommen.
Paris Hilton war begeistert. Spontan bot sie Günter Brus die männliche Hauptrolle in ihrem Kaviar-Porno an. Marquis de Sade schwärmte bereits von einem "künftigen Meilenstein des provokativen Kinos", gegen den selbst die Verfilmung seiner 120 TAGE VON SODOM wie keimfreie Disney-Unterhaltung für die ganze Familie wirken würde.
Doch Günter Brus winkte ab. Er, das Aktionismus-Urgestein der späten Sechziger, sei doch längst zu alt und auch zu seriös für derlei pubertäre Späße. Ein jüngerer, sexier Hauptdarsteller müsse her.
Da betrat plötzlich Ewald Stadl die Hotel-Lobby. Nach einer Schrecksekunde von mehreren Minuten, in der Stadl die ganze frevlerische Dimension des vaterlandsverräterischen Treibens gewahr wurde, zückte er seinen Burschenschaftersäbel. "Verreckt im Stahlgewitter meiner Hiebe, ihr elendes Fäkalkünster-Pack", brüllte der wehrhafte Volksanwalt. Nur durch beherztes Einschreiten von Paris Hiltons Leibwächtern konnte ein Massaker verhindert werden.
Auch der zufällig anwesende Uwe Scheich war fassungslos: "Österreich-Besudelei am Nazi ... äh, Verzeihung - Nationalfeiertag" stammelte der patriotische Bildungsreferent außer sich vor Zorn.
Doch als er die befleckte Flagge näher betrachtete, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: "Braun ist das, tiefbraun wie fruchtbare Kärntner Heimaterde. Und so wunderschön." Tränen der Rührung rannen ihm plötzlich übers Gesicht. Kurz verfiel er sogar in eine Art euphorischen Trancezustandes, wie einst die drei Hirtenkinder bei ihrer Marienerscheinung. Er musste sich hinsetzen - direkt auf die Flagge - und begann spontan zu dichten: "Wie einst der Führer sitz ich hier, die braune Masse unter mir."
Paris hatte ihren Hauptdarsteller gefunden - der Film sollte übrigens "Austrian Kaviar Party DeLuxe" heißen. Was für ein schöner Titel. Rainhard Fendrich singt den Titelsong: "Ei äm frooooom Ostria". Und Marquis de Sade machte sich unverzüglich daran, das Drehbuch zu schreiben.
Demnächst auf der Film-Website Eures Vertrauens.
Was haben Paris Hilton, Otto Mühl, Marquis de Sade und Papst Benedikt XVI gemeinsam? Sie sind mir im Traum erschienen - am Nationalfeiertag.