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Aus dem Nichts

Aus dem Nichts

DRAMA/THRILLER: D, 2017
Regie: Fatih Akin
Darsteller: Diane Kruger, Denis Moschitto, Ulrich Tukur, Johannes Krisch

STORY:

Eine deutsche Frau verliert ihren türkisch-kurdischstämmigen Mann und ihren Sohn bei einem Neonazi-Terroranschlag. Die Polizei geht von einer Mafia-Fehde aus. Katja (Diane Kruger) muss um ihr Recht auf Gerechtigkeit kämpfen.

KRITIK:

Vielleicht sollte an dieser Stelle zuallererst mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufgeräumt werden: AUS DEM NICHTS ist nicht "der Film über die NSU-Morde". AUS DEM NICHTS ist eine fiktionale Geschichte, die lose auf den Morden des "Nationalsozialistischen Untergrunds" basiert. Vor allem ist AUS DEM NICHTS der neue Film von Fatih Akin, der das deutsche Kino einst um eine migrantische Perspektive erweiterte. Einige seiner Filme nehmen auf politische Ereignisse Bezug - der meisterliche AUF DER ANDEREN SEITE beispielsweise, oder eben auch AUS DEM NICHTS, doch handelt es sich in erster Linie um emotionsgetriebene Filme.

Aber lassen wir das den Regisseur in seinen eigenen Worten erklären:

"Seit der Enttarnung des NSU 2011 habe ich viel an die Opfer und deren Angehörige gedacht. Wie sind sie mit der Sache umgegangen, bevor sie wussten, dass es den NSU gab? Wie gehen sie heute damit um? Haben sie Rachegedanken, hätte ich welche? In welcher Beziehung stehen Rache und unser Justizsystem? Mich wühlt das Thema auf, auch weil ich ein potenzielles Opfer solcher Zellen wäre. Aus dem Gefühl, sich wehren zu müssen, ist die Idee zu diesem Film entstanden. Aber dann begann ich zu arbeiten und der Film entwickelte sich in eine andere Richtung, als ich es mir anfangs vorgestellt hatte.

Die Mutterfigur und ihr Schmerz wurden wichtiger als der politische Zusammenhang, der den Impuls für die Geschichte lieferte. Die Fragen des Films lauteten für mich irgendwann: Wie viele Ebenen hat Schmerz? Was braucht es, um aus Schmerz Hass zu machen, und wie mündet das Ganze in Gewalt?"

Und weiter:

"Ich will nicht erziehen, politisch korrekt oder vernünftig sein. Ich kann keine Lösungen anbieten, aber Fragen stellen. Nicht alle werden einverstanden mit diesem Film sein, aber die Hauptsache ist, sie diskutieren."
(Aus einem Interview in der taz)

Der Film gliedert sich in drei Akte: Für die ersten beiden - "Familie" - und "Gerechtigkeit" - hätte die deutsche Hollywood-Exilantin Diane Kruger (TROJA, INGLORIOUS BASTERDS) jeden verdammten Filmpreis dieser Welt verdient. Intensiver kann man unvorstellbaren Schmerz, Ohnmacht, Abscheu und Wut nicht mehr darstellen. Der dritte Akt - "Meer" - wechselt den Schauplatz: Beklemmend, auf eine subtile Weise extrem spannend und beängstigend ist dieser Part. Die Antwort, wie die Frau aus dieser Geschichte jemals wieder rauskommen soll, hat zumindest mir die Kinnlade auf Kniehöhe fallen lassen. Konsequenter und verstörender hat wohl kein Werk der letzten Jahre einen unlösbaren moralischen Konflikt aufgelöst. Aber seht selbst - und lest bitte bloß nicht vorab die unfassbar dumme Nicht-Filmkritk im Standard samt Mega-Spoiler. Wie kann man nur???

Aus dem Nichts Bild 1
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FAZIT:

Fatih Akin, der in einem Interview den wütend-emotionalen Grunge-Sound der Neunziger genauso als Einfluss nennt wie das minimalistische Kino von Robert Bressot, war und ist ein emotionsgetriebener Filmemacher. AUS DEM NICHTS, lose basierend auf den Morden des NSU, zerfällt in drei Teile: Erschüttende Familientragödie, eiskaltes Gerichtssaal-Drama, Rache-Thriller am Meer. Klar ist der Film manipulativ. Das darf er auch sein. Beängstigend intensive Performance von Diane Kruger. Josh Homme - genau, der Josh Homme - steuerte den Soundtrack bei. Das Ende lässt einem mit einem dicken Kloß im Hals zurück. "I know places we can go ..."
Für mich einer der besten Filme in diesem Kinojahr.

WERTUNG: 9 von 10 unfertigen Samurai-Tattoos
Dein Kommentar >>
spoiler | 19.08.2018 23:47
der standard spoilert leider fast immer.
die wissen einfach nicht wie man kritiken schreibt. diletanten.
>> antworten
Djan | 26.11.2017 16:21
bin sehr sehr gespannt!
>> antworten