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Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft

Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft

OT: Anvil! The Story of Anvil
DOKUMENTARFILM: CAN/USA, 2008
Regie: Sacha Gervasi
Darsteller: Steve Kudlow, Robb Reiner, Glenn Gyorffy

STORY:

Tokyo, 1984: Am "Superrock-Festival" spielen u.a. Bon Jovi, die Scorpions und Whitesnake. Jede dieser Bands hat in Folge Millionen von Platten verkauft. Jede Band? Die kanadische Speedmetal-Band Anvil nicht. Das ist ihre Geschichte …

KRITIK:

Gleich zu Beginn kommen sie alle zu Wort: Lars Ulrich von Metallica, Tom Araya von Slayer, Lemmy von Motörhead und Slash von Guns n' Roses outen sich als Anvil-Fans und erklären, wie einflussreich und wegweisend das zweite Anvil-Album "Metal on Metal" für ihre eigene musikalische Entwicklung gewesen ist.

Doch während Lars Ulrich heute Picassos sammelt und im Privatjet von Festival zu Festival fliegt, müssen sich die beiden verbleibenden Gründungsmitglieder von Anvil mit frustrierenden McJobs durchschlagen, weil ihre Musik kein Geld abwirft. Nie Geld abgeworfen hat.

Doch Sänger Steve "Lips" Kudlow und Drummer Robb Reiner geben nicht auf. Obwohl längst in den Fünfzigern, jagen sie immer noch ihren Rockstar-Bubenträumen nach, für die sie, wie Lemmy bemerkt, stets zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Als eine Europa-Tour katastrophal scheitert und sämtliche Plattenfirmen ein fertig produziertes Album ablehnen, steht die Band vor dem endgültigen Aus. Doch Lips und Robb, die seit Schultagen miteinander befreundet sind, raufen sich noch einmal zusammen.

Regisseur Sacha Gervasi zählt zur überschaubaren Menge der langjährigen Anvil-Fans - und aus genau dieser Perspektive ist THE STORY OF ANVIL auch gedreht. Nichts läge Gervasi ferner, als sich über diese traurigen alten Pechvögel und ihre gelegentlich leicht peinliche anmutenden Posen lustig zu machen. Doch THE STORY OF ANVIL ist nicht SPINAL TAP. Diese Geschichte ist wahr - und dabei so tragisch und erschütternd, dass sie einen - ohne Übertreibung jetzt - stellenweise die Tränen in die Augen treibt.

Ich meine: Gibt es etwas Entwürdigenderes als einen Job, bei dem man wildfremde Menschen anrufen muss, um ihren gefälschte Sonnenbrillen zu verkaufen?

Dann lieber aus der täglichen Tretmühle ausbrechen, die Verstärker bis zum Anschlag aufdrehen und sich den Frust von der Seele schreien. Musik als Fluchtpunkt, als kartharsisches Ritual, als Überlebensmittel.

Auch wenn die STORY OF ANVIL so konventionell aussieht wie die Metal-Version einer Folge von "Am Schauplatz" (copyright ORF), macht sie doch spürbar, was diese Menschen antreibt, was sie zusammenhält, was sie nach all den Rückschlägen immer wieder weiter machen lässt. Diese Band ist ihr Baby, ihre Berufung, ihre Existenz und noch viel mehr.

Wer Musik nur als gefällige Hintergrundberieselung auf der Fahrt ins Büro konsumiert, der wird die Euphorie schwer nachvollziehen können, die Musiker und Fans gleichermaßen erfüllt, wenn ein geiles Gitarren-Riff den Raum zum Vibrieren bringt und die Snare-Drum donnert, dass einem die Gänsehaut über den Rücken kriecht.

Gänsehaut. Die hatte ich auch beim Finale dieser rührenden und liebevollen Doku, bei der es das Schicksal doch noch einmal gut meint mit seinen gebeutelten Metal-Helden. Aber seht selbst.

Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft Bild 1
Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft Bild 2
Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft Bild 3
Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft Bild 4
Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft Bild 5
FAZIT:

ANVIL! THE STORY OF ANVIL ist eine Geschichte über vergänglichen Ruhm und übers Altern in Unwürde, über die Brutalität des Musik-Business und über Freundschaften fürs Leben. Und vor allem über die bedingungslose Liebe zur Musik, die einen sprichwörtlich am Leben hält. Toller Film, nicht nur für Metal-Fans.
Zu sehen im Schikaneder-Kino und im UCI Millennium.

WERTUNG: 8 von 10 Gitarrensoli mit Dildo
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Dein Kommentar >>
Chris | 22.05.2010 10:19
Ja, da merkt man es wieder: Metal ist eben keine Musik, sondern eine Lebenseinstellung..."Metal on metal is the only way!" : )
Marcel | 22.05.2010 13:53
Metall auf Metall ist aber ein Stück von Kraftwerk :-) Übrigens eins, dass auch Musikgeschichte geschrieben hat, weil es als Sample bis heute gern und ausgiebig genutzt wird.
Chris | 22.05.2010 16:43
Ich glaube allerdings nicht, dass Vollblutmetaller wie ANVIL von etwas Elektronischen wie KRAFTWERK beeinflusst wurden. "Metall auf Metall" und "Metal on Metal" sind musikalisch grundverschiedene Welten.
Andreas | 22.05.2010 17:56
naja, tangerine dream hatte in ihren anfangsjahren durchaus mal versucht ne brücke zu schlagen... :-) und von denen waren wohl beide bands inspiriert... allein schon was die drogen und die frisuren angeht.
Chris | 22.05.2010 20:59
Ich kenne die Doku zwar (noch) nicht und hoffe mal jetzt nicht, dass Lips an einer Stelle sagt, ihre Einflüße seien Tangerine Dream und Kraftwerk. Aber ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte mal rotzfrech, dass beide Combos -trotz ihres unbestrittenen Innovationswert- keinerlei Einfluß auf den 80er Jahre-Heavy Metal gehabt haben. Sprach der Mann mit der ehemals langen Matte und den Judas Priest-Aufnähern auf der Kutte. : ))
Harald | 22.05.2010 22:30
Nein, tut er nicht ;-)
Überhaupt ist der Film weniger an der Musik als an den Menschen interessiert.
Chris | 23.05.2010 11:02
Und genau deshalb interessiert er mich auch so. : )
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