THRILLER: D, 2005
Regie: Christian Alvart
Darsteller: Wotan Wilke Möhring, André Hennicke, Nina Proll
In Berlin wird der Serienkiller Gabriel Engel (André Hennicke) festgenommen. Im Verhör gesteht er nicht weniger 13 Sexualmorde an jungen Buben. In einem kleinen Provinzdorf namens Herzbach wurde vor Jahren ein 12-jähriges Mädchen ermordet. Die Tat wurde nie aufgeklärt und hängt bis heute wie ein Fluch über der Dorfgemeinschaft. Der streng religiöse Dorfpolizist Martens (Wotan Wilke Möhring) will den Serienkiller auch dieses Mordes überführen. Doch das Vorhaben geht gründlich schief, die Suche nach der Wahrheit wird zum Albtraum und konfrontiert den Polizisten mit seinen eigenen Abgründen ...
KRITIK:
Wenn man der Filmillustrierten Cinema glauben darf, hat Regisseur Christian Alvart niemals eine Filmschule besucht und sich sein Handwerk autodidaktisch angeeignet.
Nicht nur deshalb ist dieser beklemmende Psychothriller um eine Art deutschen Hannibal Lecter,
der noch in der Hochsicherheitszelle die Fäden zieht und seine Umwelt manipuliert, als kleine Sensation zu werten.
Jedenfalls versetzt er den Zuschauer in Spannungszustände, wie es kaum ein Film aus Deutschland je geschafft hat. (Das Experiment vielleicht mal ausgenommen).
Auch wenn der Regisseur einige Anleihen bei großen US-Filmen kaum leugnen können wird (Hallo Se7ven und Silence of the Lambs, lang nicht mehr gesehen ...), muss ihm doch ein hohes Maß an Eigenständigkeit zugebilligt werden.
Der Film ist im besten Sinne deutsch, die Figuren hervorragend charakterisiert,
die Schauplätze gut ausgewählt und filmisch äußerst wirkungsvoll eingefangen:
Man spürt förmlich den Kuhstallgeruch in die Nase steigen, wenn die Kamera durch ein, wie es im Film heißt,
"spießiges Katholikenkaff" fährt, wo jeder jeden kennt, wo sich die Dorfgemeinschaft im Gasthaus trifft und sich sonntags zum Kirchgang die Kravatte umbindet.
Im harten Kontrast dazu seht die Großstadt Berlin, wo - aus Sicht des erzkatholischen Dorfpolizisten - jede Straßenecke nach Sündenpfuhl und schmutzigem Sex stinkt.
In dieser Hinsicht geht's natürlich weit unverkrampfter zu als in US-Filmen.
Hollywood verschweigt uns ja gerne die Tatsache, dass Mörder oft (immer?) sexuelle Motive haben.
Hier wird nicht lange um den heißen Brei rumgeredet.
Wer mit Sätzen wie "Woran denkst du, wenn du deine Frau fickst?" ein Problem hat,
sei also vorgewarnt :-) Und ja: Voyeure dürfen sich auf eine ziemlich exzessive Sexszene mit Nina Proll freuen.
Punkteabzug setzt's allerdings für den etwas zu häufigen Gebrauch von religiöser Symbolik (Stufe 9 auf der nach oben offenen Mel Gibson-Skala), und ein Ende, das leider nicht die düsterste aller möglichen Wendungen nimmt.
Dennoch ein packender, enorm spannender Psychothriller aus deutschen Landen, der noch einige Zeit nachwirkt. Von wie vielen Filmen der letzten Zeit kann man das schon behaupten?
Bitte den letzten Absatz noch mal lesen.