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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Antebellum

Antebellum

HORRORTHRILLER: USA, 2020
Regie: Gerard Bush, Christopher Renz
Darsteller: Janelle Monáe, Gabourey Sidibe, Jack Huston, Jena Malone, Eric Lange

STORY:

Stell dir vor, du wachst als Sklavin auf einer Baumwollplantage auf, wo du von früh bis spät zu harter Arbeit unter praller Sonne gezwungen wirst. Wo man dich erniedrigt, entmenschlicht, foltert und vergewaltigt. Was tust du? Resignierst du, fügst du dich deinem Schicksal, nimmst du dir das Leben, oder planst du einen Fluchtversuch, so aussichtslos er auch erscheinen mag?

KRITIK:

Dass wir in eigenartigen Zeiten leben, ist wohl der Euphemismus des Jahres. Unter normalen Umständen wäre der Horror-Thriller ANTEBELLUM im Mai 2020 in die Kinos gekommen, hätte realistischerweise um die 70, 80 Millionen eingespielt und die eh schon telefonbücherdicken Kontoauszüge von Produzent Sean McKittrick (US, GET OUT, BLACKLKKLANSMAN) noch einmal ordentlich aufgefettet.

Stattdessen ist ANTEBELLUM nun auf diversen Streaming-Plattformen verfügbar. Die Einspielergebnisse sind natürlich Peanuts im Vergleich zum Kino. Der Film war am Start-Wochenende Nummer 1 der Streaming-Charts von Amazon Prime und AppleTV. Das schlägt sich mit knappen 10 Millionen Dollar realen Einnahmen zu Buche. Warum ich euch mit öden Zahlen-Angaben langweile? Weil sie Schwarz auf Weiß deutlich machen, dass Streaming finanziell doch nicht ganz der heiße Scheiß ist. Für größere Filme führt am klassischen Kino finanziell einfach kein Weg vorbei. Und ich denke, wir alle fiebern dem Tag entgegen, an dem die Lichtspieltheater wieder aufsperren und wir gefahrlos (weil geimpft) die Filme dort sehen können, wofür sie gemacht wurden: Donner-Sound und Riesenleinwand, ich vermisse euch schmerzlichst.

ANTEBELLUM - und jetzt sind wir endlich beim Thema - ist natürlich eine Empfehlung. Dass ein relativ knapp budgetierter Film mit einer fünfminütigen Plansequenz beginnt, ist ungewöhnlich genug. Von Streichern begleitet, schwebt die Kamera über eine Baumwollplantage, vorbei an geschundenen Sklavenkörpern, wird Zeuge eines Fluchtversuchs und einer brutalen Bestrafung. Die Szene vermittelt einen Eindruck davon, wohin die Reise gehen könnte - und sie ist (wenig überraschend?) - eine falsche Fährte. Was nichts daran ändert, dass Spannung und Beklemmungsfaktor stetig steigen.

Nach circa 40 Minuten gibt es einen harten Bruch. Ort und Zeit wechseln, wir befinden uns nun in der Gegenwart, die aber doch mit der Vergangenheit verknüpft ist. Der zweite Akt mag suspensetechnisch mit dem Einstieg nicht ganz mithalten. Interessant ist er dennoch, weil er den Mystery-Horror-Thriller zurück auf den Boden der Realität bringt. Und die Realität Anno 2020 ist nun einmal eine äußerst unerquickliche. Nein, das Virus spielt hier keine Rolle (der Film wurde noch vor der Epidemie gedreht), wohl aber die gesellschaftliche Polarisierung, der ausufernde Rassismus, die Pre-Bürgerkriegsstimmung. (Ante Bellum = Vor dem Krieg). Ich hätte auch nie gedacht, dass der Lateinunterricht im Gymnasium mal zu etwas nütze sein würde.

Natürlich bietet der Film genügend Diskussionsstoff: Wie stimmig ist das Bild dieser Hauptfigur, die flammende Reden gegen das Patriarchat, gegen die Unterdrückung der schwarzen Frauen hält, die in ihren Bestseller-Büchern zur Revolution aufruft, während sie ihrerseits ein privilegiertes, finanziell rundumabgesichertes Upperclass-Leben führt? Wie plausibel ist die Szenerie? Anyway, alleine dass man Tage später noch darüber nachdenkt, zeigt, dass der Film schon seine Relevanz hat. Ansehen!

Antebellum Bild 1
Antebellum Bild 2
Antebellum Bild 3
Antebellum Bild 4
Antebellum Bild 5
FAZIT:

US-Horrorthriller, der den realen gesellschaftspolitischen Horror Anno 2020 mit dem Trauma der Sklaverei verknüpft. Ausgesprochen spannend, beklemmend und auch visuell herausragend. Schon gesehen auf Amazon PRIME. Kino wäre mir natürlich lieber gewesen.
Blu-ray erscheint am 18.12.2020

WERTUNG: 8 von 10 Schlingen um den Hals
Dein Kommentar >>
Andreas | 26.11.2020 13:17
also war er scheinbar doch nicht so schlecht, wie die Ratings cassandriert haben. :-)
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