THRILLER: USA, 2000
Regie: Mary Harron
Darsteller: Christian Bale, William Dafoe, Reese Witherspoon, Chloë Sevigny
Patrick Bateman hat es gut erwischt: Der Investmentbanker und Sohn eines wohlhabenden Firmenbesitzers hat eine Menge Geld, einen umwerfenden Körper, gute Gesellschaft und kann sich leisten, was er nur will. Doch hinter seiner strahlenden Oberfläche und dem von ihm präsentierten Perfektionismus liegt ein dunkles Geheimnis, das sich in Batemans einsamen Nächten offenbart: Da lädt er nämlich Bekannte und schöne Frauen in sein Nobelapartment ein, nur um sie anschließend möglichst brutal abzuschlachten und die Leichen in Kleider- und Gefrierschränken zu verstecken.
Nacht für Nacht und immer mehr auch untertags hadert der Sunnyboy mit seinem tödlichen Drang, den er in purer Selbsterkenntnis als "wahnsinnig" beschreibt. Einen Ausweg aus der Mordserie, die außer ihn auch niemanden zu interessieren scheint und wegen der er keinerlei Konsequenzen zu befürchten hat, findet er in seiner völlig desinteressierten Umgebung nicht. Immer mehr steigert sich Bateman in seine Triebe, die letztendlich sogar zu einem regelrechten Amoklauf führen.
KRITIK:American Psycho, verfilmt nach der Buchvorlage von Bret Easton Ellis, ist kein gewöhnlicher Film mit ausgearbeiteten Charakteren, die miteinander interagieren und woraus sich die Handlung des Streifens ergibt. Er ist vielmehr die Charakterstudie eines stinkreichen, aber umso gelangweilteren Mannes, der Menschen ermordet, um wenigstens ein bisschen Spannung und Erregung in sein leeres Leben zu bekommen.
Die anderen Personen sind dabei nebensächlich und austauschbar - selbst der von William Dafoe verkörperte Ermittler kommt im späteren Verlauf des Filmes gar nicht mehr vor und verschwindet nahezu unbemerkt aus der Handlung.
Alles konzentriert sich auf Bateman (was viele Closeups auf sein Gesicht in der Inszenierung verdeutlichen), der wiederum sein verstecktes Elend, das er mit niemandem teilen kann, damit kompensiert, völlig auf sich selbst und seine Interessen fixiert zu sein.
In seiner Welt der wohlhabenden Wall-Street-Broker, deren einzige Sorge darin besteht, eine Reservierung in einem angesagten Lokal zu bekommen, ist der Hauptcharakter mit seinen durchaus tiefgründigen Gedanken, die er nur selten zu äußern wagt, alleine.
Nachdem er erkennen muss, durch die Teilhabe an diesem Milieu ebenfalls zu einer austauschbaren Figur geworden zu sein - es kommt nicht selten vor, dass er mit Bekannten verwechselt wird, lediglich aufgrund äußerlicher Merkmale wie den gleichen Markenklamotten -, zieht er den fatalen Schluss daraus, sein Leben durch Serienmorde an Prostituierten und Freunden bedeutsamer zu machen. Dass er sich dabei die erwähnten Verwechslungen zunutze macht und alibihaft als ein Fremder ausgibt, ist nur ein Aspekt des Films, der die Genialität, mit der sich Bateman seine Umgebung manipuliert und ausnutzt, betont.
Ohne das Buch gelesen zu haben war ich sehr begeistert von der Verfilmung, die wie eine gelungene Kompression der Vorlage - die sich immerhin über eine erzählte Zeit von über drei Jahren streckt - wirkt. Wirkliche Morde bekommt der Zuseher überraschend wenig zu sehen, der Film ist kaum blutig und nur selten brutal - und dennoch hat man immer im Hinterkopf, es mit einem eiskalten Killer zu tun zu haben, der bloß seine Fassade geschickt wahrt.
Der von Mary Harron verfilmte Thriller hat leider seine Längen, die ein wenig langweilen. Das sind weniger die Dialoge, die ja essentieller Bestandteil des Streifens sind, sondern Szenen, die kaum etwas zur Handlung oder zum Profil des Hauptcharakter beitragen. Zum Glück treten diese bloß selten auf und das geniale Schauspiel von Christian Bale kompensiert wieder einiges.
Trotz der grausamen Morde von Bateman schafft es Bale, dessen Taten fast schon nachvollziehbar erscheinen zu lassen, was man durchaus als gewollt ansehen kann: schließlich fügen sie sich perfekt in den Kosmos der Oberflächlichkeit ein. Die Zwiegespaltenheit des Protagonisten, der einerseits seiner Umwelt geistig schon längst entkommen ist, andererseits zeitweise dennoch rückfällig wird und etwa innerlich vor Ärger glüht, weil ein anderer eine eindrucksvollere Visitenkarte als er selbst besitzt, schafft Bale mit purer Mimik völlig verständlich darzustellen. Ein großes Lob geht also sowohl an den Hauptdarsteller, als auch an Guinevere Turner, die neben der Regisseurin für das Drehbuch verantwortlich war.
Schauspiel und Buchumsetzung: 1A, nur die Inszenierung ist nicht immer ganz gelungen. Das ist allerdings die Ausnahme, denn insgesamt haben wir es mit einem Thriller für anspruchsvolle Geister zu tun, der diesen Ansprüchen auch durchwegs gerecht wird. Christian Bale beweist noch vor seinen Paraderollen als Trevor Reznak in The Machinist und Batman in den Comicverfilmungen, dass er Charaktere mit Profil und Ausstrahlung wie kaum ein anderer spielen kann.