OT: Q - The Winged Serpent
HORROR/THRILLER: USA, 1982
Regie: Larry Cohen
Darsteller: Michael Moriarty, David Carradine, Richard Roundtree, Candy Clark
Ein vogelartiges Monster hat auf der Spitze des Chrysler-Buildings sein Nest gebaut und geht von hier aus auf Beutezug. Damit nicht genug, wird New York City noch von einer Ritualmord-Serie erschüttert, bei denen sich Menschen offenbar freiwillig die Haut abziehen lassen. Viel zu tun also für Detective Shepard (David Carradine) und Sergeant Powell (Richard Roundtree) ...
KRITIK:Fertig machen für den Viennale-Halloween-Mitternachts-Monsterfilm. Zur Aufführung gelangt Q - THE WINGED SERPENT im Rahmen des großartigen Larry Cohen-Tributes. Der Saal ist ansehnlich gefüllt, viel mehr Leute als zuletzt bei THE AMBULANCE. THE WINGED SERPENT ist auch der bekanntere, zugkräftigere Film. Und - zugegeben - auch der bessere.
Für THE WINGED SERPENT hat sich Larry Cohen mit dem Produzenten Samuel Z. Arkoff zusammen getan - eine Paarung, die es in sich hat: Hier der subversive New Yorker Genrefilm-Auteur Cohen, dessen Filme immer so viel mehr sind, als die Inhaltsangabe vermuten lässt. Humanistische Verhaltensstudien nämlich, die eigentlich über das Menschsein als solches erzählen wollen.
Und dort der schlitzohrige Trashmovie-Fließbandfabrikant Samuel Z. Arkoff, der "König der Low Budget-Movies" (Wikipedia), dessen filmisches Sündenregister beachtliche 140 Einträge zählt, darunter Werke mit so verheißungsvollen Titeln wie High School Hellcats, Girls in Prison, Operation Bikini, aber auch namhafte Klassiker wie Coffy, The Amityville Horror, The Pit and the Pendulum und vor allem Brian de Palmas Dressed to Kill.
THE WINGED SERPENT eilt ein hervorragender Ruf voraus. Wenn es einen B-Film gibt, auf den sich auch das Gros der "seriösen" Filmkritiker einigen kann, dann ist es Larry Cohens unterhaltsamer Genre-Hybrid, der souveräne Spannungsdramaturgie, einen New Hollywood-artigen Blick auf den Big Apple und seine Bewohner und hemmungslos überzogenen Monster-Trash mühelos in Übereinstimmung bringt.
Die Szenen, in denen ein kleinkrimineller Ex-Junkie Jimmy Quinn (sensationell: Cohens späterer Stamm-Schauspieler Michael Moriarty) das Chrysler-Building hochklettert und zum ersten Mal auf das mit angeknabberten menschlichen Skeletten dekorierte Monster-Nest trifft, atmet Suspense in bester Hitchcock-Manier. An Hitchcock erinnert auch Cohens Meisterschaft, wenn es darum geht, Geschichten zu erzählen, die weit über enge Genre-Grenzen hinaus weisen.
Ein Glücksfall von einem B-Movie also - und doch möchte ich nicht verschweigen, dass mir irgendwas noch gefehlt hat. Vielleicht ein klein wenig mehr von solchen bizarren Over-the-Top-Momenten, wie jene am Anfang, als der Riesenvogel im Tiefflug durch die Häuserschluchten gleitet und das Blut eines Opfers auf die in Panik auseinander rennende Menschenmenge tropfen lässt.
Und die herzigen Stop-Motion-Effekte waren schon 1982 nicht mehr wirklich State of the Art - doch sie verströmen genau diesen anheimelnden nostalgischen, unschuldigen Charme, für die man Filme dieser Art einfach ans Herz drücken muss.
Ein digitales 3D-Non-Stop-Splatter-Remake, vielleicht von Alexandre Aja, wär' aber auch geil, eh klar.
Laut IMDB wurde der Film aus einer Notlage heraus geboren - Larry Cohen wurde vom Set des Films "Ich, der Richter" gefeuert und musste innerhalb von sechs Tagen ein neues Projekt auf die Beine stellen. Und für die Rolle David Carradines war auch ein gewisser Bruce Willis im Gespräch - doch der erschien den Produzenten damals zu unbekannt und nicht zugkräftig genug ...
Larry Cohens legendärer Monsterfilm Q - THE WINGED SERPENT als Halloween-Mitternachtseinlage auf der ehrwürdigen Viennale. Alleine das ist schon als mittlere Sensation zu werten. Dass dem Film völlig zu Recht der Ruf eines spannenden, temporeichen und dazu noch hervorragend gespielten Genre-Klassikers vorauseilt, davon konnte sich an diesem Abend eine respektable Besucherschar überzeugen. Der Rest kann von sich behaupten, etwas versäumt zu haben - oder sein Glück bei diversen Internet-Händlern versuchen, die die an sich vergriffene deutsche DVD von Koch Media mit dem schönen Titel AMERICAN MONSTER feilbieten. Oder man wagt gleich einen US-Import ...