THRILLER: A, 2011
Regie: Peter Payer
Darsteller: Simon Schwarz, Nicholas Ofczarek, Anna Unterberger
Das junge Ehepaar - sie wohlbehütetes Millionärstöchterchen, er hoffnungsvoller Polit-Shootingstar mit populistischer Schlagseite - gönnt sich ein Wochenende im Tirolerischen. Auf der Autobahn nähert sich ein aufällig grindiges Proletenauto im Rückspiegel. Dessen Fahrer, ein Jugendfreund des Jungpolitikers, hat mit diesem noch eine Rechnung offen. Robert und Kathi werden ihn von Wien bis Tirol nicht mehr los ...
In einer der besten Szenen demoliert der von Simon Schwarz gespielte Jungpolitiker in Rage das Auto seines Verfolgers - während er dem Nachrichtenmagazin Profil ein Interview gibt. Der Stress und die kritischen Fragen beanspruchen des Jungpopulisten Nervenkostüm über Gebühr: "Profil - das ist doch nur eine Montag-Morgen-Wichsvorlage für den Mittelschichts-Proleten" brüllt Schwarz ins Smartphone.
Bei besagter "Wichsvorlage", welche ich übrigens immer schon am Sonntag lese, damit habe ich den Mittelschichtsproleten etwas voraus - gab man sich not amused und revanchierte sich mit einem ziemlich humorlosen Verriss, was wohl nicht unbedingt für Professionalität spricht.
Ebenfalls alles andere als professionell ist übrigens auch die Kritik im Falter ausgefallen, die das dunkle Geheimnis, das die beiden unterschiedlichen Männer verbindet, zum Gutteil spoilert. Verdammt, langsam verstehe ich stetig wachsende Zahl an Filmfreunden, die sich aus solchen Gründen weigert, überhaupt noch irgendwelche Filmkritiken zu lesen.
AM ENDE DES TAGES ist ein guter, nein, sehr guter Film geworden. Regisseur Peter Payer, der sich vorzugsweise am Themenkomplex verdrängte Schuld und Sühne abarbeitet und oft auf literarische Vorlagen zurückgreift, macht in seiner fünften Kinoarbeit praktisch alles richtig.
Oder sagen wir: Fast alles. Vielleicht hätte er Nicholas Ofczareks Hang zum Overacting ein wenig bremsen müssen. Der Mann ist nämlich auch ohne bizarre Drag Queen-Klamotten und tote Meerschweinchen im Handgepäck eine verdammt eindrucksvolle und bedrohliche Erscheinung.
Aber auch die schauspielerische Leistung von Simon Schwarz muss einmal mehr ausdrücklich gewürdigt werden. Wie dem erfolgsverwöhnten Emporkömmling plötzlich das verlogene Grinsen einfriert, wie er den Halt verliert und in der Wildnis die notdürftig übergestülpte Zivilisationsmaske wegfällt, das hat echte Klasse.
Dass das Geschehen nicht unbedingt auf ein Happy End zusteuern wird, ist von der ersten Minute an klar. Das wie vermag dann aber doch zu überraschen - selbst wenn einem ein Teil der Auflösung schon vorab gespoilert wurde. Das spricht doch sehr für den Film, würde ich mal sagen.
Schuld- und Sühne-Spezialist Peter Payer hat amerikanische Genre-Vorbilder sehr genau studiert und weitestgehend unpeinlich ins Österreichische übersetzt: Eine Verfolgungsjagd aus Spielbergs DUELL hier, ein Auftritt aus CAPE FEAR oder DEM SCHWEIGEN DER LÄMMER da, und fertig ist ein spannender, souverän gespielter Austro-Thriller, wie man ihn sich öfter wünscht. Ansehen!