OT: In my Father's Den
DRAMA/THRILLER: NZ, 2004
Regie: Brad McGann
Darsteller: Emily Barclay, Matthew MacFadyen, Miranda Otto, Colin Moy
Nach siebzehn Jahren kehrt der erfolgreiche Kriegsberichterstatter Paul Prior (Matthew Macfadyen) zurück in seine neuseeländische Heimat, um dem Begräbnis seines Vaters beizuwohnen. Die Aufnahme ist reserviert; das Zusammentreffen mit seinem Bruder Andrew und seiner damaligen Jugendliebe Jackie bringt verdrängte Erinnerungen ans Tageslicht. Als kurze Zeit später Jackies sechzehnjährige Tochter spurlos verschwindet, steht für die Bewohner des kleinen Provinzkaffs der Übeltäter schon fest: Paul wird des Mordes verdächtigt ...
KRITIK:Düstere Familiengeheimnisse, verbotener Sex, unaufgearbeitete Traumata und ihre Folgen:
Um diese nicht eben leicht konsumierbare Themen kreist dieses neuseeländische Thriller-Drama,
das von der Kritik weltweit gefeiert wurde und Festivalpreise sonder Zahl abräumte.
Zurecht: Der Debütfilm von Regisseur McGann entwickelt eine Sogwirkung, wie man sie nicht alle Tage im Kino erlebt. Als das Meer verschwand (der Titel bezieht sich auf eine Kurzgeschichte, die das verschwundene Mädchen geschrieben hatte) ist ein Familiendrama, das sich nach und nach zu einem handfesten Psychothriller steigert.
Es ist faszinierend anzusehen, wie virtuos Regisseur McGann verschiedene Zeitebenen und Handlungsverläufe parallel montiert, ohne dass der Film verwirrend oder sprunghaft wirkt. Im Gegenteil, die Ruhe, mit der sich die Handlung voran arbeitet, hat etwas Beklemmendes, Gespenstisches.
Überall sieht man Boten drohenden Unheils: Ein Weinfleck, der wie Blut aussieht, eine geisterhafte Frau, Pauls Kriegsfotos und seine immer wieder kehrende Albträume. Dass die Geschichte nicht gut ausgehen wird, ist klar, das "wie" sorgt aber für so manche Überraschungen und stetig steigende Spannung.
Wenn man Vergleiche ziehen möchte: Die verdrängten Familiengeheimnisse sind eigentlich ein klassisches Pedro Almodovar-Thema; die morbide Kleinstadt-Tristesse kennt man aus Filmen wie River's Edge, und ein Hauch poetisches Coming of Age-Drama wie zuletzt in Thumbsucker< liegt auch in der Luft.
Doch in Wahrheit hat der Film diese Vergleiche nicht nötig.
Darum nur so viel:
Als das Meer verschwand ist ein wirklich, wirklich sehenswertes Familiendrama, das einen vor einer traumhaften Naturkulisse in finstere Abgründe blicken lässt. Dringende Empfehlung. Ach ja, der Soundtrack ist von Patty Smith. Noch eine traurige Fußnote: Regisseur Brad McGann ist am 2.5.2004 an Darmkrebs gestorben. Er wurde 43 Jahre alt. Als das Meer verschwand ist sein Debutfilm.