DRAMA: D, 2008
Regie: Maren Ade
Darsteller: Birgit Minichmayr, Lars Eidinger, Hans-Jochen Wagner
Ein ungleiches Paar, er erfolgloser Architekt, sie PR-Beraterin, verbringen einen unentspannten Urlaub auf Sardinien. Von Anfang an steht das Wort "Krise" über jeder Szene. Und als sie ein Pärchen treffen, das auf allen Ebenen mehr erreicht hat als sie selbst, eskaliert die Situation endgültig...
KRITIK:"ALLE ANDEREN ist ein ungemein präzise beobachtetes, absolut authentisch gespieltes Portrait einer jungen Paarbeziehung, in dem sich der Zuschauer spielend wieder erkennen kann ." (Kurier)
"Wer sich schon lange einmal eine intelligente Auseinandersetzung mit den Unterschieden zwischen den Geschlechtern gewünscht hat, ist bei ALLE ANDEREN genau an der richtigen Adresse. [..] Genauso müssen gute Beziehungsfilme sein." (filmstarts.de)
"Zeigt auf sezierende Weise die kleinen Grausamkeiten des menschlichen Zusammenlebens." (evolver.at)
"Das ist großes Schauspielerkino in einem kleinen Film einer großen Regisseurin." (Berliner Zeitung)
"Ein sehr kluges Stück über Paarbeziehungen, über Beziehungen im Allgemeinen, und welche Rolle Komplexe in ihnen spielen, voller Unbehagen und Zweifel." (Süddeutsche)
So. Da hätten wir also eine kleine Auswahl der Jubelkritiken, mit denen ALLE ANDEREN, die zweite Regiearbeit der jungen deutschen Filmemacherin Maren Ade, abgefeiert wurde. Und man fragt sich: Warum nur, warum?
Mich hat ALLE ANDEREN vor allem eines: Angestrengt. Was ja grundsätzlich nichts Schlechtes ist. Gutes Kino darf auch mal anstrengen. Nachhaltige Kinoerlebnisse dürfen auch mal erarbeitet werden. Aber: ALLE ANDEREN war die Mühe nicht wert. Denn der Film hat mich einfach kalt gelassen.
Vielleicht ist das ja mein persönliches Problem: Ich verstehe einfach nicht diesen dokumentarischen, der "Wirklichkeit" verpflichteten, spröden Blickwinkel von vornehmlich deutschen und österreichischen Filmemachern, die einfach den Alltag abfilmen. Warum die Kamera draufhalten, (gefühlte) Stunden lang noch dazu, wenn ich das selbe draußen im wirklichen Leben genauso sehen kann? Wenn mich die Luxusproblemchen eines durch und durch uninteressanten Mittelstandspärchens interessieren, kann ich genauso gut ins Kaffeehaus gehen und mithören, was an den Nebentischen geplaudert wird. Dafür muss ich nicht ins Kino.
Schon klar: Nicht jedes Beziehungsdrama kann dermaßen radikal, fiebrig, grenzüberschreitend und körperlich schmerzhaft sein wie etwa Andrzej Zulawskis legendärer Skandalfilm POSSESSION. Aber ein klein wenig mehr Leidenschaft, Aufregung und Herzklopfen hätte es schon sein können.
Die Regisseurin wollte "den Mief des Mittelstandes perfekt reproduzieren, den Jargon, den Habitus, das ganze Milieu." Stand irgendwo zu lesen. Guter Ansatz, zweifellos. Schade nur, dass der Film genauso miefig und spießig daher kommt, wie das, was er zu entlarven vorgibt: Die GRAUENHAFTE Musik von Julio Iglesias, Gianna Nanini und Herbert Grönemeyer. Die uninspirierte Kameraführung und die amateurhafte Ausleuchtung, gegen die jede Big Brother-Folge wie reinste Avantgarde wirkt.
Mit dem Unterschied vielleicht, dass in Big Brother eher selten Burgtheater- bzw. Schaubühne-Schauspieler vorkommen. Die zu Recht gelobten darstellerischen Leistungen von Birgit Minichmayr und Lars Eidinger sind es auch, die den Film doch noch retten. Erstaunlicherweise ist dieses Beziehungsdrama auch gar nicht langweilig; stellenweise gelingt der Regisseurin gar so etwas wie ein filmischer Sog. Und ein Hauch von Tiefenwirkung: Mehr als einmal wurde ich vom höchst unangenehmen Gedanken geplagt, dass ich mit diesen ebenso egoistischen wie waschlappenartigen Mittelstandsspießer-Figuren mehr gemeinsam haben könnte, als mir bewusst bzw. lieb ist. Verdammter Spiegel, der einem da vorgehalten wird. *g*
Gute (Theater)-Schauspieler in einem theoretisch interessanten, in Wahrheit aber erschreckend biederen Beziehungsdrama, das aus unerklärlichen Gründen mit hervorragenden Kritiken sonder Zahl überhäuft wurde.
Wer von gutem Kino mehr erwartet als bildungsbürgerliche Erbauung und/oder dokumentarische Alltagsbeobachtungen, könnte während der 120 Minuten Laufzeit die Lebenszeitverschwendungs-Alarmglocke schrillen hören. Und zwar ziemlich laut.
PS: Das für mich interessanteste am Film ist, wie gut die gebürtige Oberösterreicherin Birgit Minichmayr die Berliner Schnauze draufhat...