DRUGSPLOITATION: USA, 1968
Regie: John Donne
Darsteller: Colleen Murphy (als Alice), Buxx Banner (wohl das Kaninchen)
Die junge, unschuldige Alice macht bei einer Poolparty erstmals Erfahrungen mit Alkohol, Zigaretten und Jungs. Sie findet Gefallen daran, und neugierig wie sie ist, lernt sie die Freuden der freien Liebe mit Männern, mit Frauen, mit Gras und zum Schluss auch LSD kennen...
Alice, oh Alice. Was ist aus dir geworden? Wärst du doch besser bei deinem Kaninchen geblieben. Und damit auch ja jeder weiß, dass Alice eben nicht das Mädchen mit dem naseweisen Karnickel ist, steht dick und fett auf dem Cover: THIS IS NO FAIRYTALE. Um vielleicht den verirrten Papa noch im letzten Moment daran zu hindern, sich mit seiner sechsjährigen Tochter in einem der Sexkinos am Broadway zu verlaufen. Naja, vielleicht hat er danach seine Tochter ja auch im nächsten Diner abgegeben.
Tja, gute 43 Jahre später schaut man sich sowas nicht mehr in irgendwelchen verrauchten Kinos mit offenem Hosenstall, sondern eher zum völligen Wegdelieren nach einer harten Arbeitswoche auf der heimischen Couch an. Die gewünschte Wirkung tritt dabei schneller ein als dem Film vielleicht lieb ist. Denn entweder pennt man nach fünf Minuten selig ein, oder man lächelt glückselig angesichts des kranken 68er-Hippie-Scheiß, der da über die Mattscheibe flimmert und die Sinne benebelt. Das vertrackte dabei: Man sieht ja noch nicht mal wirklich was. Oder besser, das was man sieht, ist eigentlich nicht der Rede wert. Wer erwartet, er wäre nun Augen- und Ohrenzeuge einer wüsten Sexorgie, ist - hehe - im falschen Film.
Zunächst mal: ALICE IN ACIDLAND wurde stumm gedreht. Wildes Gestöhne muss man sich also dazufantasieren. Alice und ihre Schulfreundin erzählen sich vielleicht gerade einen dummen Witz oder singen einen Abzählreim. Völlig wurscht, der unheilvolle, ständige präsente Off-Kommentar fährt aber sofort schwere Geschütze auf und informiert den ahnungslosen Zuschauer, dass Alice nun einer anderen Sphäre angehört, einer Welt voller Hasch, LSD und freier Liebe, indianischen Glasperlen und Mokassins. Äh, ja. Wer von euch beiden hat jetzt eine der bunten Pillen eingeschmissen?
Zumindest ist aber die Tonspur für etwa 45 Minuten das einzige, auf der etwas passiert. Ich habe nicht gewusst, wie langweilig es sein kann, einer Popperei in voller Länge zuschauen zu müssen. Vor allem, wenn da eigentlich so gar nichts abgeht und die Männer die Hosen anlassen. Da ist man über jede Art der Abwechslung froh, und seien es nur sinnlose Kommentare, die einen ziemlich brav aussehenden Studenten als Animal titulieren - eine Assoziation, die man vermutlich nur teilt, wenn man sich noch ein paar halluzinogene Pilze dazu vorstellt.
Wie soll man so etwas in Worte fassen? Und dann auch noch der unterschiedlichen Wirkung des Films gerecht werden? So müsste man dann auch eigentlich zwei Kritiken schreiben. Eine für den statistisch erfassten Zielgruppendurchschnittskonsumenten, der in seiner Naivität vielleicht sogar noch den Warnhinweis überliest und tatsächlich Karnickel erwartet - und ich meine jetzt keine rammelnden - weil schon seine Vorstellungskraft die bloße Existenz eines solchen abseitigen Kinos nicht zulässt. Und eine für den Eingeweihten des geheimnisvollen Clubs, der sich den schwurbelnden Schwingungen pseudowissenschaftlicher Sexploiter nicht nur freiwillig aussetzt, sondern sich von seinen fassungslosen Arbeitskollegen sogar damit beschenken lässt.
Naja, ich kein Freund von Nullaussagen mit Kann-man-so-sehen-kann-man-aber-auch-anders-sehen-Tipps. Mein Rat für den Zuschauer, der nur mal eben zwischen zwei Folgen aus VERBOTENE LIEBE eine DVD aus dem Regal ziehen will, ist einfach: Finger weg!
Für alle anderen aber, die bis hierhin gelesen haben: Kompliment. Und willkommen zu einer völlig anderen Welt, einer Welt, in der Warnhinweise gegen übermäßigen Drogenkonsum beim Zuschauer ankommen wie die Ankündigung "Dran bleiben, gleich gibt's Titten!"
Denn wenn Alice einmal auf den Trip geht, dann dreht der Film völlig ab. ALICE löst in den letzten 10 Minuten den ganzen Kosmos auf; Farben, Assoziationen, Symbole, alles wird eins, alles wird psychedelisch. Für Alice ist das nicht so gut, sie ist am Ende ein "mental Vegetable" - wobei ich immer noch grüble, was ich mir darunter vorzustellen habe. Aber als Zuschauer sitzt man da mit heruntergeklappter Kinnlade. Vor allem, wenn der Film nach nicht mal einer Stunde bereits zu Ende ist.
Alice jagt nicht mehr dem Kaninchen hinterher, sondern probiert so ziemlich alle Drogen aus, derer sie handhabt wird. Ein grandios floppender Aufklärungsfilm über Drogenmissbrauch, oder ein grenzlangweiliger Sexploiter? Gut, so direkt lässt sich das nicht beantworten. Kann auch sein, dass man als Zuschauer am Ende nicht mehr alles auf die Reihe kriegt. Aber so eine abgefahrene Scheibe sieht auch mein DVD-Player nicht alle Tage.