OT: Krigen
DRAMA: Dänemark, 2015
Regie: Tobias Lindholm
Darsteller: Pilou Asbæk, Dar Salim, Tuva Novotny
Claus Pedersen ist respektierter und beliebter Kommandant einer dänischen Einheit auf friedenserhaltender Mission in Afghanistan. Seine Frau Maria kümmert sich unterdessen zu Hause in Dänemark um die gemeinsamen Kinder - eine Tochter und zwei kleine Söhne, von denen insbesondere der ältere offensichtlich sehr unter der Abwesenheit des Vaters leidet. Eines Tages kommt es in Afghanistan zu einem Feuergefecht mit folgenschweren Konsequenzen: Zivilsten kommen ums Leben und Claus muss sich in seiner Heimat vor Gericht verantworten.
Kriege, ihre Folgen und all die Konsequenzen daraus sind hässlich. Diesem einfachen Fazit, das ich am Ende von "A War" einmal mehr ziehen muss, gehen zwei Stunden voller komplexer Fragestellungen voraus. Einfach macht es einem dieser Film des dänischen Regisseurs und Drehbuchautors Tobias Lindholm nicht mal ansatzweise. Aber für einfache Szenarien ist Lindholms Schaffen auch noch nie gestanden - ob das der extrem polarisierende Thomas Vinterberg-Film "Jagten" ist oder die Blaupause aller Polit-Serien, das absolut sehenswerte "Borgen" (für beide hat er die Drehbücher geliefert).
"A War" seziert zunächst in einer sehr skandinavischen Nüchternheit den Alltag von Claus und Maria. Die Kamera klebt an ihnen und beobachtet. Wie die dänische Truppe in Afghanistan patrouilliert, versucht zu helfen, tötet und sich selbst täglich Gefahren für ihr Leben aussetzt. Und wie Maria alles tut, um ihren Kindern Stabilität und schlicht einen Alltag zu bieten. Beides ist dermaßen präzise beobachtet, dass es mir den Hals zugeschnürt hat, ist beklemmend und gleichzeitig atemberaubend.
Drei Monate muss das Familienleben noch durch tägliche Telefonate aufrechterhalten werden. Doch dann geht eine Mission fürchterlich schief. Claus muss in einer Extremsituation eine Entscheidung fällen. Und was zunächst als einzige richtige Entscheidung erscheint, entpuppt sich als fatale Fehleinschätzung, die Claus frühzeitig zurück nach Dänemark und gleichzeitig vor Gericht bringt. Denn Claus' Befehl, mit dem er das Leben eines seiner Männer retten wollte, hat den Tod mehrerer Zivilisten zufolge.
Der Prozess wirft Fragen auf wie: Was ist moralisch? Gelten im Kriegszustand andere moralische Standards als im Frieden? Was ist das Leben eines Kameraden wert im Vergleich zu unbekannten Zivilisten? Ist derjenige im Recht, der die Moral auf seiner Seite hat oder derjenige, der das Gesetz auf seiner Seite hat? Sollte man eher für das große Ganze oder für die Familie kämpfen? Und gibt es eine gerechtfertigte Lüge?
Antwort gibt es am Ende, auch wenn "recht" gesprochen wird, keine. Zurück bleibt ein schales Gefühl. Und die Gewissheit, dass Krieg niemals etwas Gutes mit sich ziehen wird.
Ein Kommentar zum Krieg in bester Tradition von Filmen wie "The Hurt Locker", "Jarhead" oder "Platoon", bloß noch unbequemer. Ein Feelnotgood-Film im besten Sinn.