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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
A Single Man

A Single Man

DRAMA: USA, 2009
Regie: Tom Ford
Darsteller: Colin Firth, Julianne Moore, Nicholas Hoult, Matthew Goode

STORY:

"Just get through the goddamn day."

Das ist alles, was George Falconer noch will. Seit dem Unfalltod seines Lebensgefährten Jim hat er jeden Halt im Leben verloren. 16 Jahre waren sie ein Paar, doch nun wacht der Literaturprofessor jeden Morgen alleine auf. Die Erinnerungen, an die er sich krampfhaft klammert, verlassen zusehends. Was bleibt, sind Leere, Einsamkeit, Angst und Alpträume. Diesen Zustand will George ein für alle Mal ändern: Er packt seinen Revolver in die Arbeitstasche, leert sein Bankschließfach aus und stattet seiner Universität einen letzten Besuch ab. Doch dort kommt er mit einem jungen Studenten ins Gespräch, der ihm eindeutige Avancen macht - und George's Lebensgeister scheinen wieder geweckt ... zumindest für den Moment …

KRITIK:

Ob ihr's glaubt oder nicht: Der hauptberufliche Modegott und männliche Vanity Fair-Coverstar Tom Ford hat nichts Geringeres als den besten Film des Jahres gedreht, vielleicht einen der besten Filme der letzten Jahre. Ernsthaft, seit AMERICAN BEAUTY hat mich kein amerikanischer Film mehr derartig mit seiner Schönheit betört und seiner emotionalen Wucht überfahren.

Hört sich das pathetisch an?

Dann gehört ihr wohl zur Mehrheit der abgeklärten Skeptiker, die sich über oberflächliches "Designkino" (Falter) echauffieren und die "gemäldegleichen, aber leeren und bedeutungslosen Bilder" (critic.de) bemängeln, die angeblich die Geschichte in Vergessenheit geraten lassen, wodurch der Film "ziemlich platt" (outnow.ch) und "eher durchwachsen" (mannbeisstfilm.de) wirke.

Wer aber, wie der Autor dieser Zeilen, im Kino nichts mehr schätzt als das Gefühl, sich in der Schönheit bewegter Bilder zu verlieren, wird von Tom Fords Regie-Debut, das er im übrigen aus eigener Tasche finanziert hat - Kunststück bei kolportierten 250 Millionen Abfindung von Gucci, könnte man einwerfen - begeistert sein. Wie sagte Ricky Fitts in AMERICAN BEAUTY so treffend: "Sometimes there's so much beauty in the world I feel like I can't take it."

Dass die Ausstattung alle Stückln spielt, ist keine Überraschung, wenn ein Mann, der seine Brötchen in der schillernden Oberflächenwelt der Mode verdient, Hand an einen Film legt. Doch von wegen inhaltsleeres Designkino: Erstaunlich, wie ernsthaft und düster dieses Portrait eines alternden, einsamen Homosexuellen, der im Suizid den einzigen Ausweg aus dem Grauen der Existenz sieht, ausgefallen ist. Unglaublich, wie viele unpackbare und unpackbar treffende Zitate Tom Ford seiner verzweifelten Hauptfigur in den Mund gelegt hat, wie viele unumstößliche Wahrheiten hier beiläufig ausgesprochen werden.

Und dennoch - und das ist vielleicht das größte Wunder dieses einmaligen Filmerlebnisses - ist A SINGLE MAN meilenweit davon entfernt, ein rührseliger Tränendrüsendrücker oder gar ein sprödes Midlife-Crisis-Melodram zu sein. Immer dann, wenn man am wenigstens damit rechnet, blitzt ein sarkastischer, spöttischer Humor auf, der das Geschehen ein wenig auflockert.

"Tom Fords 'A Single Man' is a visual poem about elegance and death, sex and suicide."
Danke, lieber Bunny Fox, präziser kann man das nicht auf den Punkt bringen.

A Single Man Bild 1
A Single Man Bild 2
A Single Man Bild 3
A Single Man Bild 4
A Single Man Bild 5
FAZIT:

Wenn Modegötter Filmgeschenke machen: Tom Ford ist einer der erstaunlichsten, bewegendsten und schlicht schönsten Filme der letzten Jahre gelungen.
In diesem Sinne: "It takes time in the morning for me to become George ... by the time I have dressed ... I know fully what part I'm supposed to play."

WERTUNG: 9 von 10 rosa Zigaretten
Dein Kommentar >>
Bernhard | 12.11.2010 13:26
Selten aber doch sehe ich das mal komplett anders als Harald.

IMHO funktioniert der Film nicht. Es gibt ein paar hervorragende Einzelteile wie der faszinierend-schöne Score, ein hervorragender Colin Firth, eine überraschend souveräne Regie von Tom Ford ...

... aber ansonsten bleiben IMHO nur viele leere, abgedroschene Floskeln; die Versuche, den Film "arty" aussehen zu lassen, wirken verkrampft und deplatziert; eine Identifizierung mit dem Charakter gelingt mir nicht, seine Depressionen langweilen mich, er ist völlig uninteressant.

Ganz im Gegensatz zum in der Kritik erwähnten American Beauty ... klar, die Ähnlichkeiten sind da, aber während ich am Ende von American Beauty emotional wirklich angeschlagen und traurig war, war mir dieser Film, dieser Charakter einfach wurscht.

Am Ende haben mich nur der Score und die teils schönen Bilder davon abgehalten, vorzeitig abzudrehen. Und die Frage, warum man bei der Ausleuchtung mancher Szenen derart versagt hat, dass zumindest in der HD-Version deutliche digitale Nachbearbeitungen erkennbar sind - einige Szenen wurden offensichtlich stark digital nachbelichtet und danach über das verrauschte Bild ein saftiger Weichzeichner drübergefahren.

Leer, bedeutungslos, durchwachsen, Designkino, platt - alles richtig, IMHO ;)

5/10
>> antworten
mausekönig | 18.08.2010 19:55
klinkt gut...
find ich ziemlich geil das der kerl filme dreht^^
paralelen sind selbstverständlich zwischen mode desingen und fim zu sehen aber die wenigsten nutzen beide sparten aus...



p.s.
eine tom for jeans kostet ca. 1000 €...nur wens interessiert^^
>> antworten
Thomas | 20.05.2010 23:22
Muss mich leider denn genannten Kritikern anschließen.Manchmal schön, ansonsten doch eine selbstverliebte Modezeitschrifts Gay Oper.
>> antworten
monika | 27.04.2010 18:22
soso lange schon hab ich auf einen film gewartet, der mich endlich wieder mal wegbläst, hypnotisiert im kinosessel zurück lässt, mir eine gänsehaut aufzieht weil er so intensiv ist, wo bild, musik und dialoge eine magische einheit bilden - endlich endlich war das jetzt mal wieder so ein film...zuletzt gings mir übrigens glaub ich so bei far from heaven - auch mit einer überirdisch schönen julianne moore...und bei der wilde schlag meines herzens - weshalb ich auch große hoffnung in un prophete setze.
Harald | 27.04.2010 21:09
un prophete - ganz oben auf meiner watchlist.
Andreas Berger | 28.04.2010 10:15
Un Prophete bei der Viennale gesehen. An "A Single Man" kommt er bei weitem nicht heran.
Harald | 28.04.2010 11:15
sind die beiden Filme in irgend einer Weise vergleichbar?
>> antworten
Nic | 22.04.2010 17:25
will den schon länger sehn..bin gespannt ob ichs ins urania schaff. gute kritik :)
Harald | 22.04.2010 22:20
Danke!
Nic | 22.04.2010 23:55
war ein intimes erlebnis.
Ralph | 20.08.2010 16:15
Jawohl! Grandioser Film. Und Colin Firth kann ja ein richtig geiler Schauspieler sein. Ich glaub ich hab den bisher nur in schwachen Filmen gesehen....
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