TRAGIKOMÖDIE: GB, 2014
Regie: Pascal Chaumeil
Darsteller: Imogen Poots, Aaron Paul, Pierce Brosnan, Toni Collette
In einer Silvesternacht treffen einander zufällig vier Menschen am Dach eines Hochhauses, um ihrem Leben ein Ende zu setzen: Ex-Fernsehmoderator Martin (Pierce Brosnan), dem eine Affäre mit einer Minderjährigen Beruf, Ehe und Reputation gekostet hat, der krebskranke Musiker JJ (Aaron Paul), Maureen (Toni Colette), die überforderte Mutter eines schwerstbehinderten Sohnes, und die psychisch labile Politiker-Tochter Jess (Imogen Poots).
Es ist peinlich genug, am Dach zu stehen und sich nicht springen zu trauen. So werten die verhinderten Selbstmörder ihr Zusammentreffen als Zeichen, dem Leben noch eine Chance zu geben. Zumindest bis zum Valentinstag darf sich niemand von ihren umbringen - so lautet der Pakt, den die vier schließen. Dumm nur, dass die Regenbogenpresse Wind von der Angelegenheit bekommt und nichts unversucht lässt, die "Vier vom Dach" ins Scheinwerferlicht zu zerren ...
Ziemlich unauffällig hat sich eine neue Nick Hornby-Verfilmung ins Kino geschlichen. A LONG WAY DOWN basiert auf dem 2005 erschienenen gleichnamigen Roman des britischen Pop-Literaten. Der Cast sollte eigentlich hellhörig machen: Das verhinderte Selbstmörder-Quartett setzt sich immerhin aus Ex-Bond Pierce Brosnan, "Breaking Bad"-Drogenkoch Aaron Paul, Toni Colette ("Muriel's Wedding", "The Sixt Sense") und der talentierten Jungschauspielerin Imogen Poots ("Filth", "The Look of Love") zusammen. Letztere scheint leider ein Händchen für Projekte zu haben, die am Papier höhere Erwartungen wecken, als die Filme letztlich einzulösen vermögen. A LONG WAY DOWN macht da keine Ausnahme.
Ich habe A LONG WAY DOWN im Anschluss an zwei eher schwerverdauliche Streifen gesehen - nämlich nach OUT OF THE FURNACE/AUGE UM AUGE und NYMPHOMANIC Part 2. Also quasi zum Runterkommen. Positiv formuliert will dieser Streifen gar nicht viel mehr sein als gut gemachtes Unterhaltungskino, das garantiert niemandem weh tut. Das ist natürlich legitim. Das birgt aber auch die Gefahr, sein Sujet zu verniedlichen.
Wer - sei es im Familien- oder Bekanntenkreis - je mit dem Thema Depression und Suizid konfrontiert wurde, dürfte von locker-flockig-schwarzhumorigen Tonfall dieses Films doch eher irritiert sein. Im wirklichen Leben ist dieses Thema bekanntlich nicht so wahnsinnig lustig. Aber das wirkliche Leben kann ja oft genug dramatischer sein als jeder Film. So gesehen geht auch eine verhalten makabre Suizid-Feelgood-Komödie schon in Ordnung.
A LONG WAY DOWN ist kein schlechter Film. Die Frauen (Poots, Colette) spielen die Männer glatt an die Wand, der Tonfall ist angemessen melancholisch, vergisst aber nicht auf die guten Pointen, den Wortwitz und die Situationskomik der Vorlage. Die Musik wurde recht sorgsam ausgewählt und lässt die große Liebe des Autors zur Popkultur auch in der Leinwand-Version nicht vermissen.
Ein berechtigter Kritikpunkt meiner Begleiterin war, dass die Figuren die Bezeichnung "Charaktere" nur bedingt verdienen. Dass ein Film mit dieser Thematik auf Tiefgang und Charakterzeichnung nonchalant pfeift und trotzdem recht gut durchkommt, grenzt fast schon an ein Wunder. Aber vielleicht trifft die (bewusste ?) Oberflächlichkeit eh sehr gut den Ton der Literaturvorlage. Wenn wir uns ehrlich sind, hat Nick Hornby gerade in seinen erfolgreichsten und beliebtesten Büchern ("High Fidelity", "About a Boy") den Tiefgang stets der Situationskomik geopfert. So gesehen macht dieser im Grunde sehr schöne, bittersüß-melancholische und auch sehr unterhaltsame Film möglicherweise mehr richtig, als es den Anschein hat.
Vier verhinderte Selbstmörder, zwei davon prominent, wollen dem Leben noch eine (letzte?) Chance geben. Eine suizidale Feelgood-Komödie. Geht das? Ja, doch, in Nick Hornby-Verfilmungen geht nahezu alles. Verhalten schwarzhumorige Tragikomödie, die ihre recht oberflächliche Figurenzeichnung durch Situationskomik und vor allem gute schauspielerischen Leistungen wett macht. Solides britisches Unterhaltungskino, nicht mehr, aber auch nicht weniger.