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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
99 Women

99 Women

OT: Der heiße Tod
FRAUENGEFÄNGNISFILM: DEUTSCHLAND, 1969
Regie: Jess Franco
Darsteller: Maria Schell, Rosalba Neri, Maria Rohm, Mercedes McCambridge, Herbert Lom

STORY:

In einem Frauengefängnis irgendwo auf einer unbenannten Insel, die einem unbenannten Staat gehört, herrschen furchtbare Zustände. Deshalb schickt die Regierung eine Inspektorin. Dem Gouverneur gefällt das gar nicht, schließlich kommt der regelmäßig zum pimpern vorbei...

KRITIK:

Das ist er also, der Film der den unrühmlichen Stein ins Rollen brachte. Der erste Women in Prison-Film der Welt – also, wenn wir vom Frauengefängnisfilm als Subgenre des Sexploitationfilms ausgehen. Sozusagen der Grundstein für eine die Welt überrollende Welle an billig heruntergekurbelten, moralisch absolut fragwürdigen Filmen die die niedersten Instinkte des Publikums – ach, sagen wir’s doch wie’s ist, der Männer – ansprechen und dem geneigten Cineasten und Freund abseitiger Filmkunst tausende Stunden fragwürdiger Unterhaltung liefer(te)n. Hiermit fing alles an. Unter der Regie von keinem geringeren als dem großen Maestro der Schmuddelunterhaltung – dem einzig-wahren, dem unglaublichen Jess Franco.

Dass 99 WOMEN dabei noch nicht die geballte sleazige Wucht einiger später(er) Franco-Filme hat – ich denke da zum Beispiel an den fiesen ILSA – THE WICKED WARDEN oder auch FRAUEN FÜR ZELLBLOCK 9 – dürfte sich von selbst verstehen. Denn wie das immer so ist mit dem Ausbrechen aus bisherigen moralischen Normen, man muss es gemächlich angehen lassen. Davon abgesehen, ist der Film von 1969 und da war man noch nicht ganz so liberal wie einige Jahre später. Das heißt zum einen Eric Falk darf keine Peitsche schwingen, Frauen liegen nicht in Ketten und innergemeinschaftliche Zwangsverlesbung gibt es noch keine zu bestaunen.

Dafür watet das Franco-Vehikel 99 WOMEN mit einer sogar recht stringenten Handlung auf. Ein Umstand den längst nicht alle der nachfolgenden Franco-Filme teilen. Wenn ich jetzt allerdings von einer „recht stringenten Handlung“ spreche, dann heißt das nicht, dass wir es mit einer Geschichte im klassisch dramaturgischen Sinne zu tun haben. Ich denke durchaus, dass Drehbuchautor Milo G. Cuccia und Jess Franco wirklich eine Geschichte erzählen und dabei einfach geschickt – hüstel - sexploitative Elemente in der Handlung unterbringen wollten. Dafür spricht zum Beispiel die Figur der Thelma Diaz die versucht den Missständen auf den Grund zu gehen und dabei so manche sleazige Schweinerei vereitelt. Wäre es den beiden bloß um schmuddelige Schauwerte gegangen, dann wäre diese Figur ein extremes Hindernis. Zwar hat Diaz keine wirkliche Hintergrundgeschichte, die ihren Versuch die Umstände mit allen Kräften zu verbessern letztlich plausibel macht – so viel Einsatz bloß weil’s der Beruf ist? Ich denke, dass ein derartiger Einsatz, der dem schmierigen, die Gefangenen pimpernden, Gouverneur – von werden wir wohl nie erfahren – nicht gefällt, ist mehr als offensichtlich. Und karrierefördernd ist ein derartiges Verhalten dann auch wieder nicht. Die Frage bleibt also, warum setzt sich Diaz so ein und über alle Regeln der fiesen Oberfieslingstuse Leonie Caroll hinweg?
Letztlich bleibt es wohl der Unfähigkeit des Cuccias zu verdanken, dass es mit einer Geschichte im klassischen Sinne nichts geworden ist. Immerhin, dass muss man ihm und auch Franco lassen, ist die Geschichte scheinbar nicht um die schmuddeligen Szenen herumgeschrieben worden, sondern war zuerst da und wurde dann mit schmuddeligen Szenen aufgepeppt.

Dem Unterhaltungswert tut es freilich keinen Abbruch, dass die Geschichte letzten Endes doch voller Logiklöcher und Schwachfugigkeiten steckt. Denn wer von einem Franco-Film Unterhaltung im klassischen Sinn erwartet, der erwartet auch Vanillegeschmack, wenn er am Zitroneneis leckt. Will heißen, die „recht stringente Handlung“ reicht aus um eine Rahmenhandlung zu schaffen für allerlei Eskapaden die dem Freund abseitige Filmware mehr Freude bereiten als Charakterentwicklung und ausgefuchste Plottwists.

Für den größten Spaß sorgt Maria Schell mit ihrem grandiosen Overacting. Vor allem, weil man ihr die ganz Zeit über anmerkt, dass sie weder so richtig weiß, um was es in dem Film eigentlich geht; unterstütz wird der Eindruck vor allem durch die englischen Dialoge – ich vermute, dass der Film, obwohl aus (West) Deutschland, in englischer Sprache aufgenommen wurde – die Schell herunterrattert und permanent falsch betont, wie das eben jemand macht, der nicht weiß, was er da gerade erzählt. Herbert Lohm spielt irgendwas zwischen Colonel Klink und Mr Burns und wirkt so auf der einen Seite irgendwie skurril-lächerlich, auf der anderen Seite aber auch wieder so fies schmierig, wie es die Rolle eben verlangt.

Apropos schmierig. Während sich der Film während der ersten Hälfte noch recht harmlos gibt – relativ, das Sujet an sich und die Prämisse, dass die inhaftierten Damen sehr schlecht behandelt und regelmäßig vom Gouverneur vernascht werden, ist ja schon durchaus sleazig, man sieht nur nicht viel davon –, geht’s in der zweiten Hälfte immer heftiger zur Sache. Während zunächst schon mal ein netter kleiner Catfight ausbricht, bleiben dabei alle brav angezogen. Später hüpfen dann durchaus mal ein paar blank Brüste durchs Bild, wenn die gefangenen Frauen ihre Probleme mit Gewalt lösen. Auch eine Lesbensexszene gibt’s zu… naja, bestaunen wäre das falsche Wort. Im Endeffekt kann man Francos Spiel mit dem Fokus… okay, bestaunen wäre auch hier wieder das falsche Wort. Sagen wir’s einfach mal so. Die beiden Mädels die sich da gleichgeschlechtlicher Lust hingeben, liebkosen sich zärtlich. Prinzipiell ist das schon mal ansprechender als so ziemlich alles was ich von Franco bisher an Sexszenen gesehen habe, von denen habe ich aber auch was gesehen. Denn Franco setzte in dieser Szene extreme Zooms und Close Ups ein. Dazu wurde regelmäßig wild am Fokus rumgespielt und als Resultat gibt’s nicht viel zu bewundern, außer hier und da mal einen Arm, eine halbe Brust – glaub ich – und viel, viel undefinierbare matschiges Hautfarbengemenge – fast so, als würde man in einem japanischen Porno auf die Intimregion der Darstellerin glotzen. Ob Franco sich bei dieser Szene mal so richtig künstlerisch auskotzen wollte oder ob die Szene so durch Vorzensur entschärft wurde, bleibt wohl auf ewig Francos Geheimnis. Ich würde mal auf ein (un)gesundes Mittelding tippen. Gleich im Anschluss gibt’s dann eine Vergewaltigung durch den Gouverneur, zum Glück, nicht zu bestaunen, dafür allerdings ein Crossfade zum Schämen.

Warum Franco hier wegblendet ist auch so eine Frage. An Zimperlichkeit kann’s nicht gelegen haben, denn im rasanten – oder so – Finale gibt’s noch einmal eine Vergewaltigung die er für damalige Verhältnisse – also, 1969 – auch recht explizit abgefilmt hat. Davor gab’s noch eine Sexszene, die zwar körperliche Liebe in beiderseitigem Einverständnis zeigt, aber auf Grund der Optik der Akteure und deren mangelnden Sinn für Erotik mindestens genauso unangenehm anzuschauen ist. Ihr merkt, ich habe nicht zu viel versprochen, der Film nimmt gegen Ende sleazige Fahrt auf. Auch das Tempo wird angezogen, die Flucht durch den Urwald ist stellenweise sehr rasant inszeniert und kurzzeitig kommt man sogar zum mitfiebern.

Ganz fetten Punktabzug gibt es allerdings für die widerliche Tiersnuffszene, über die ich umso mehr geschockt war, als das ich sie in einer Frauenknastproduktion nicht erwartet hätte und auch nicht gewollt habe. In der Regel meide ich Produktionen mit entsprechenden Szenen komplett, was natürlich nur geht, wenn ich’s vorher weiß. Ein Grund warum sich bisher kein einziger Kannibalen-Film in meiner Schundfilmsammlung befindet. Manch einer mag mir jetzt vielleicht eine Doppelmoral vorwerfen, da ich mit großem Spaß vom Naziploiter bis zum Frauenknast-Reißer Filme schaue die zum einen ein fragwürdiges Frauenbild zeichnen und durch moralisch fragwürdige Verbindungen aus Sex und Gewalt glänzen. Aber, bleiben wir mal auf dem Boden der Tatsachen, es handelt sich dabei um reine Fiktion. Bezahlte Schauspieler – mehr oder weniger – spielen eine Geschichte nach einem Drehbuch – mehr oder weniger. Wenn allerdings für billige Schauwerte echte Tiere für die Kamera grausam verstümmelt oder getötet werden, dann finde ich das, ums salopp zu sagen, unter aller Sau. Das musste ich jetzt einfach mal loswerden.

Sieht man allerdings einmal von dieser wirklich unschönen – und auch dramaturgisch leider sehr unnützen – Szene einmal ab, haben wir es hier mit einem durchaus sehr brauchbaren Frauenknaster zu tun, der mit seinem Anti-Happy End auch noch recht böse endet. Ist mal was anderes.

In diesem Sinne: „From now on you have no name, only a number. You have no future, only the past. No hope, only regrets. You have no friends, only me.”

99 Women Bild 1
99 Women Bild 2
99 Women Bild 3
99 Women Bild 4
FAZIT:

Der erste exploitige Frauengefängnisfilm der Filmgeschichte gehört auch gleich zu den besseren Vertretern des Genres. Gerade im Vergleich zu einigen Werken – auch von Franco selbst- die im Laufe der 70er noch gedreht werden sollten, ist 99 WOMEN recht zahm geraten, legt aber in der zweiten Hälfte einen sleazigen Zahn zu. Und auch wenn das Finale immer wieder von tempobrechenden Szenen unterbrochen wird, ist es doch ziemlich rasant inszeniert und sorgt für ein bisschen Action. Einige der später immer wiederkehrenden Genre-Elemente werden hier bereits definiert, obwohl auch hier gilt, alles noch ein bisschen zahm aber für ’69 doch schon recht gewagt. Dazu gibt’s eine halbwegs stringente Handlung die ein kleinwenig mehr ist als pures Mittel zum schmutzigen Zweck und viel trashige Unterhaltung. Ein gelungener Startpunkt für das schmutzige Sub-Genre des Sexploitationfilms.

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Dein Kommentar >>
Mein Name | 25.10.2015 18:01
Sehr "sleazig" unterwegs der Herr Kritiker ;-)
Man fragt sich, ob er diesen sleazigen Film überhaupt ganz angesehen hat, oder nur überlegt hat wo er das Wort sleazig einsetzen kann. Großes Kino!!
Johannes | 26.10.2015 08:57
Ich sehe mir die Filme die ich bespreche generell nicht an. Ich lese einfach die Inhaltsangaben auf Wikipedia - das ist sleaziger. ;-)
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