THRILLER/DRAMA: D, 1998
Regie: Hans-Christian Schmid
Darsteller: August Diehl, Fabian Busch, Dieter Landuris, Jan Gregor Kremp
Ein junger Hacker wähnt sich im Kampf gegen die Illuminaten.
KRITIK:Die tödlichen Schüsse auf Olaf Palme fielen am 28. Februar 1986 um Punkt 23:23. Am 23.05.1949 trat das Grundgesetz der BRD in Kraft.
Seitdem tritt an diesem Tag die Bundesversammlung zusammen, um den Bundespräsidenten zu wählen. (1949=1 9 4 9=23; 2 3=5).
Der Hauptsitz des amerikanischen Militärs sitzt im Pentagon,
einem Fünfeck. Cesars Ermordung war das Resultat von 23 Messerstichen. Wilhelm
Conrad Röntgen entdeckte 1895 (1 8 9 5=23) die Röntgenstrahlen und starb
1923. VW setzt sich aus der römischen 5 und dem 23. Buchstaben des Alphabets
zusammen. 23 - das ist auch die Symbolzahl des Geheimbundes, dessen Symbol (eine Pyramide und
ein sehendes Auge) die Dollarnote, nebst Konterfei des Ordensgründers, ziert: Der
Illuminaten.
Für Karl Koch sind solche Verschwörungstheorien mehr als bloße Hirngespinste. Als
Kind schenkte ihm sein Vater "Illuminatus!" von Robert Anton Wilson. Für Karl ist das
Buch schon bald mehr als nur ein Roman, er inhaliert die im Buch versteckten
Theorien geradezu. Doch seine Umwelt nimmt die Thesen nicht ernst. Seine Freunde
wollen ihn nicht verstehen. Also sucht Karl sich neue Freunde. Er findet
Gleichgesinnte in den unendlichen Weiten des World Wide Webs. Der Computer wird für
Karl mehr und mehr zum Lebensmittelpunkt und er beschließt ein Hacker zu werden.
Schließlich erhält er die Chance seine Fähigkeiten in den Dienst für die gute
Sache zu stecken: Für den Kampf für Weltfrieden und gegen die Illuminaten.
Wissen ist Macht. Und der Schlüssel zu Wissen sind Informationen. Weltfrieden kann
nur gewährleistet werden, wenn alle Informationen offen sind. Zusammen mit seinem
besten Freund David, ebenfalls ein Hacker, macht sich Karl, alias Hagbard Celine,
bald an die Offenlegung vertrauter Daten. Und zwar im Auftrag des KGB. Dass er für
die Daten Geld bekommt - umso besser. Schließlich muss er auch von was leben.
Und Karl braucht das Geld. Um die Telefonrechnung noch einigermaßen im Rahmen zu
halten, müssen die günstigeren Nachttarife ausgenützt werden. Damit Karl diesen
Rhythmus durchhält und zur Steigerung seiner Konzentrationsfähigkeit braucht er
Koks. Und dafür braucht er Kohle. Kohle gibt es nur für Informationen, für deren
Beschaffung Karl wiederum steigende Mengen an Koks benötigt
Ein Teufelskreis, der sich für Karl immer schneller zu drehen beginnt. Was anfangs
noch wie ein Spiel anmutet, wird mehr und mehr zu einem Höllentrip, aus dem es
keinen Ausweg mehr zu geben scheint. Der ständig wachsende Druck, vermischt mit
zunehmenden Schwierigkeiten beim Zugriff auf fremde Informationen, der Schlafentzug,
das alles ist mehr als Karl verkraften kann.
Regisseur Hans-Christian Schmid (Requiem) ließ sich für "23" von der wahren Geschichte des jungen Hackers Karl Koch, der Ende der 80er Jahre im Zusammenhang mit dem spektakulären KGB-Hack für Schlagzeilen sorgte, inspirieren. Basierend auf den
wahren Hintergründen schuf Schmid ein faszinierendes Psychogramm eines jungen
Idealisten, der sich auf ein gefährliches Spiel einlässt und schließlich
aufgerieben wird. August Diehl liefert eine beeindruckende Darstellung als junger
Hacker zwischen jugendlicher Rebellion und steigender Paranoia. Aber auch die
restlichen Darsteller vermögen zu überzeugen.
Schmid setzt vor allem auf nüchterne Bilder und versucht die 80er Jahre mit Liebe
zum Detail einzufangen. Immer wieder unterbrechen Nachrichtenbilder den Film und
Karl versucht das Treiben der Illuminaten hinter dem Weltgeschehen auszumachen und
gerät dabei selbst zwischen die politischen Fronten.
"23" wartet nebst starker Story und Schauspielern auch noch mit einigen
interessanten Schnitten und einer ohrwurmverdächtigen Musikunterlegung (unter
anderem "Ton Steine Scherben") auf. Trotz der ernsten Thematik kommt der Humor
nicht zu kurz, auch wenn der Film jetzt nicht unbedingt in Richtung Slapstick oder
so abgleitet. Wer hingegen rein auf Verschwörungstheorien und Action aus ist, wird
mit dem Film vermutlich keine allzu große Freude haben.
Natürlich kann "23" auch noch als kurzer Exkurs über die Wahrheit, die
Wirklichkeit angesehen werden. Denn was ist schon wahr? Das was in den Medien
erzählt wird? Doch woher kommen die Informationen? Ist etwas wahr, wenn es in
Büchern steht? Was, wenn die Informationen manipuliert sind? Wem man etwas
nicht selbst gesehen hat, nicht live dabei war, woher will man dann überhaupt
wissen, dass die Berichte darüber nicht getürkt sind? Wem kann man überhaupt noch
trauen? Etwa unseren Nachbarn? Oder den Freunden? Unseren Lehrern? Oder am Ende gar
nur uns selbst. Und wenn das auch nicht mehr verlässlich ist, was dann?
Basierend auf Tatsachen schuf Hans-Christian Schmid das Psychogramm eines jungen Hackers, der sich auf ein gefährliches Spiel aus Drogen, Politik und Verschwörungstheorien einlässt. Der Film wartet nebenbei immer wieder mit kurzen Einblicken auf den Beginn der Computerisierung in der BRD Anfang der 80er Jahre, sowie den wirtschaftlichen und politischen Zuständen der Zeit (Stichwort DDR) auf.