INDEPENDENT: A, 2011
Regie: Harald Haller, Daniel Lenz
Darsteller: Harald Haller, Daniel Lenz, Olivier Lendl, Werner Brix, Sissi Wolf
Es geschah 1810 zu Mantua, als der Tiroler Andreas Hofer, der das Heilige Land vor den Franzosen verteidigte, vor ein Exekutionskommando treten musste. Doch ist das wirklich wahr, was in diesen Geschichtsbüchern steht? Das Kabarettduo Die Schienentröster - bestehend aus Harald Haller und Daniel Lenz - hat die Wahrheit in dieser Independent-Komödie schonungslos aufgedeckt.
KRITIK:Eigentlich hat die Geschichte schon 30 Jahre früher begonnen, anno 1780, in einem fremden, exotischen Land - in Deutschland nämlich. Ein von der Pest arg verunstaltetes Pärchen überantwortet seinen Sohn in einem Weidenkörbchen dem Fluss, auf dass das Kind es anderswo besser haben möge. Dem Kind liegt ein Schreiben bei, das mit den Worten "All die Beulen auf unserer Haut haben sicher nichts Gutes zu bedeuten..." endet.
Und siehe da, ein göttliches Wunder lässt den Korb flussaufwärts gen Tirol treiben, wo das Baby vom Bauern Point und seinem Sohn, dem kleinen Raffl (Daniel Lenz), gefunden wird. Der Bauer Point hat ein großes Herz - das weiß auch seine Frau, denn wenn irgendwo ein kleines Kind ausgesetzt wird, kann der Mann es einfach nicht liegen lassen. Aus dem Grund wächst der kleine Bub (Harald Haller), der fortan Alldie genannt wird (nach den ersten zwei Wörtern des Briefes, der - anstatt gelesen zu werden - von der Bäuerin fürs Feuer machen verwendet wird) inmitten einer bunten Kinderschar auf.
Doch irgendwas stimmt mit dem Kleinen nicht, dessen Name phonetisch rein zufällig so klingt wie die deutsche Mutterfirma eines österreichischen Lebensmittel-Diskonters. Ein angeborener Sprachfehler lässt den Kleinen in fremden Zungen, sprich Piefkenesisch, sprechen. So verkommt das gutturale "Oachkatzlschwoaf" zum "Eichkätzchenschweif". Da hilft alles nichts, selbst kein Exorzismus - der Junge wird immer ein Außenseiter bleiben. Doch Bauer Point weiß Rat: Er schickt Alldie hinauf in die Berge zum Hattori Hans, dem Meister der Sense. Wenn der Bub schon nicht g’scheit sprechen kann, soll er wenigstens als Mann wehrhaft sein. Und tatsächlich lernt Alldie den Umgang mit der Sense - und das nicht nur, um Gras zu mähen.
Zehn Jahre später kehrt Alldie ins Dorf zurück, wo er und Raffl in der Gastronomie ihr Auskommen finden. Blöd nur, dass just zu diesem Zeitpunkt Napoleon (Olivier Lendl) mit seinen französischen Soldaten in Tirol einfällt. Von den Wienern ... pardon, Einzahl ... dem Wiener (Werner Brix) ist nicht viel Hilfe zu erwarten, also müssen die Tiroler allein gegen eine Überzahl Soldaten antreten. Mit Alldie an ihrer Seite gelingt ihnen ein erster Sieg. Doch wenn Alldie geglaubt hat, dass ihn die Einheimischen nun als vollständigen Tiroler anerkennen, hat er sich geirrt.
Flugs wird ein Held erschaffen, den alle in der Schlacht zwar irgendwie gesehen haben, sich aber doch nicht so recht an Einzelheiten erinnern können. Aus den zusammengesetzten Bruchstücken der Erzählungen entsteht nun der sagenhafte Andreas Hofer, sehr zum Frust von Alldie. Doch der hat bald anderes zu tun, hat er sich doch gerade frisch verliebt. Und da haben wir auch den Grund, warum der Raffl zum Verräter wird ...
Nun hat es also die Komödie "1810 - Für eine Handvoll Kaspressknödel" des Tiroler Kabarettduos Die Schienentröster alias Harald Haller und Daniel Lenz es doch noch in die Wiener Kinos geschafft. Nachdem rund 7.300 Besucher den Film schon in Tirol gesehen haben, ist nun Wien dran - und danach sollen noch weitere Bundesländer, in denen digitale Abspielmöglichkeiten vorhanden sind, der Reihe nach beglückt werden.
Harald Haller und Daniel Lenz vom Kabarettduo Die Schienentröster liefern mit ihrer Parodie auf den Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer ihr Filmdebüt ab. Anfangs ist der Film zwar unrund und ein paar Gags kommen etwas gequält und in die Länge gezogen rüber. Doch der Film nimmt Fahrt auf und so nach 20, 25 Minuten gibt es eine wohl gezielte Pointe nach der anderen. Dabei zitieren die Kabarettisten aus Filmklassikern wie "Der Exorzist", "Braveheart", "Herr der Ringe", und, und, und…
Gut, das ist nicht unbedingt neu, aber auch nicht schlecht gemacht. Der wahre Quell des Witzes liegt aber im Jonglieren der Dialekte: Da prallen Piefke-Deutsch und Weanerisch auf diverse Tiroler Mundarten, dass es eine wahre Freude ist. Harald Haller entpuppt sich dabei als wahres Sprachgenie. Und noch etwas fällt auf: Auch die restlichen Schauspieler sind verdammt gut gecastet und harmonieren gut miteinander. Und das, obwohl die Akteure oft mehrere Rollen spielen mussten. Eine Seltenheit beim österreichischen Independent-Film.
"1810 - Für eine Handvoll Kaspressknödel" ist ein No-Budget-Film reinsten Independent-Stils. Bei einem Budget von 20.000 Euro muss man aber - leider - auch Abstriche in Kauf nehmen. So schwanken die Tonaufnahmen, und auch bei einigen Szenen wären Nachdrehs vielleicht nicht die schlechteste Idee gewesen. Doch wenn man sich darauf einlassen kann, dann erwartet einen doch ein ganz vergnüglicher Filmabend.
An und für sich würde ich dem Film sieben von zehn Punkten geben, aber Independent hat sowieso einen Sympathiebonus bei mir. Und nachdem ich im Nachhinein noch bei der Kritik der "Kronenzeitung" so herzlich lachen konnte, vergebe ich acht Punkte. Und hier noch der Kernsatz der "Krone"-Kritik: "Warum aufrechter und gottesfürchtiger Freiheitskampf Ziel kabarettistischer Verunglimpfung sein muss, wissen wohl nur die Regie-Führenden Haller und Lenz selbst." Ach Gott, das Leben kann so erheiternd sein.
Zu sehen in der UCI Millennium City und im Hollywood Megaplex Gasometer.