FRAUENGEFÄNGNISFILM: J, 1972
Regie: Shun'ya Itô
Darsteller: Meiko Kaji, Fumio Watanabe, Yukie Kagawa
Auch mit drakonischen Strafmaßnahmen ist Matsu nicht kleinzukriegen. Als sie bei hohem Besuch eine Revolte anzettelt, werden alle mit Zwangsarbeit im Steinbruch bestraft und Sasori von einigen Wärtern "zur Züchtigung" vergewaltigt. Auf dem Rückweg kann sie mit einigen Mitgefangenen fliehen. Doch das Gefängnispersonal ist ihnen bereits auf den Fersen.
Sasori: Jailhouse 41 ist die nur vier Monate später erschienene Fortsetzung des Women in Prison-Klassikers Sasori - Scorpion.
Während Scorpion noch ein Wip-Film mit Anleihen beim Female Revenge Thriller war, ist der zweite Teil der Reihe nicht mehr so leicht einem Genre zuzuordnen. Er ist Wip-, Rape and Revenge-, Female Revenge- und Kunstfilm in einem.
Nicht nur das Genrespektrum hat sich erweitert, hier ist alles exzessiver und radikaler. Die avantgardistische Inszenierung des Vorgängers von Jailhouse 41 und der Einsatz von Licht und Farbe dient lediglich als Vorgeschmack auf das was Regisseur Ito hier aufbietet.
In exzellent gefilmten Cinemascope-Aufnahmen wird die Geschichte der betrogenen und misshandelten, aber dennoch unbeugsamen Sasori weitergesponnen.
Jede Einstellung ist perfekt komponiert, dient nicht bloß der Geschichtenerzählung, sondern erzählt eine kleine Geschichte für sich - so wird gleich zu Beginn ein Bogen zu den vorangegangen Ereignissen gespannt, wenn die Gefangenen während ihres Aufstandes ihre Schuhe in die Luft werfen, wie zuvor die Wachen bei der Beförderung des Direktors.Licht- und Bildmontagen illuminieren die Bilder, und lassen sie ganz und gar expressionistisch erscheinen.
Auch Sasori ist radikaler geworden. Ihr Hass und ihr Verlangen nach Rache an dem Mann der ihr die Unschuld raubte und sie für seine Karriere vergewaltigen ließ, ist inzwischen zu einem Kampf, einer Abscheu gegenüber jedweder Autorität geworden, die sich in Gefängnisdirektor Goda manifestiert.
Sie ist abgestumpfter, noch unangreifbarer, noch unverletzlicher gegenüber den Grausamkeiten geworden, die ihr angetan werden. Dies drückt sich auch durch die Tatsache aus, dass Sasori hier noch weniger spricht als zuvor - zwei Sätze um genau zu sein.
"Du hast mich verraten." sagt sie und "Sie sind alle tot.", und trifft damit diejenigen die sie verletzten und demütigten härter als sie es körperlich gekonnt hätte. Alle ihre Handlungen, selbst ihre wenigen Worte dienen also dem Zweck nicht nur zu überleben sondern auch Rache an ihren Peinigern, seien es Wärter oder Mitgefangene sein, zu erlangen - von Meiko Kaji exzellent dargestellt.
Doch nicht nur Matsu geht einen Schritt weiter, auch der Film selbst ist mehr noch als Scorpion ein Sittenbild seiner Zeit und Bestandsaufnahme des frauenfeindlichen Klimas der Gesellschaft in der er entstanden ist. Er übt gar Kritik an dem Wertesystem der japanischen Gesellschaft. So muss eine Reiseleiterin tapfer ihre Haltung bewahren und ihren Pflichten nachkommen, während sie von einer Gruppe Männer - angestachelt von den nostalgisch-romantisch verklärten Erzählungen eines älteren Mitfahrers über die Schandtaten gegenüber der weiblichen chinesischen Bevölkerung durch japanische Soldaten -, die später noch eine der Geflohenen vergewaltigen und ihren toten Körper einfach wegwerfen.
Kritik also auch an der mangelnden Aufarbeitung japanischer Geschichte und an Japans Wertesystem, in dem die Frau, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle spielt(e).
Ein gewalttätiger, brutaler Film also, erzählt in poetisch schönen Bildern, hinter dem sich mehr versteckt als pure Provokation.
Dieser Nippon-Klassiker ist von Rapid Eye Movies - wie gewohnt - liebevoll, mit vielen Extras (Poster, Postkarten) und guter Bildqualität ausgestattet sowie ungeschnitten einzeln und in einer Viererbox veröffentlicht worden.
Sasori: Jailhouse 41 ist mehr als nur ein simpler Sexploitationer. Er ist eine gelungene Fortsetzung, ein brutales Sittenbild und exzellent gefilmter WIP-Film - mit einer grandiosen Meiko Kaji.