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Persepolis

Persepolis

ANIMATIONSFILM: F, 2007
Regie: Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi
Darsteller: -

STORY:

Basierend auf den gleichnamigen Comicbüchern erzählt der Animationsfilm Persepolis die Geschichte einer jungen Frau zwischen Teheran, Wien und Paris: Als die Revolution gegen den Schah in ein blutiges Chaos ausartet, beschließen die Eltern der 14-jährigen Marjane, ihre Tochter nach Wien zu schicken. Dort ist zwar in Sicherheit, doch glücklich wird sie nicht...

KRITIK:

Animationsfilme, die mir etwas bedeuten, kann ich auf einer Hand abzählen:
Die irrwitzige Satire Das große Rennen von Belleville, der Tränendrüsen-Drücker Die letzten Glühwürmchen und natürlich ein Held meiner lang zurück liegenden Jugend, nämlich Fritz the Cat. Dieser handverlesenen Auswahl wird ab heute ein neues Kunstwerk hinzugefügt: Persepolis.

In schlichten, aber ungemein wirkungsvollen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt die in Paris lebende Comiczeichnerin Marjane Satrapi von ihrer Kindheit im Iran und ihrer unglücklichen Jugend im Wiener Exil. Die Revolution gegen die Diktatur des Schah wird aus der Sicht eines kleinen Mädchens erzählt, das wohlbehütet in einem linksintellektuellen Elternhaus aufwächst.

Nach dem Sturz des Schahs herrschte kurzfristig Euphorie im Land; man erhoffte sich eine Demokratisierung nach westlichem Vorbild. Doch dieser Traum wurde rasch begraben: Bärtige Fanatiker übernahmen die Macht und verwandelten den Iran in einen finsteren Gottesstaat; Sittenwächter, Mullahs, Alkoholverbot und Kopftuchzwang inklusive. Selbst Musik wurde verboten; Musikkassetten westlicher Bands muss man sich am Schwarzmarkt besorgen.

Als der Krieg losbricht, wird Marjane nach Wien geschickt. Aufgrund ihrer Herkunft bleibt Marjane eine Außenseiterin. Die Stadt erscheint ihr kalt und abweisend; die Menschen oberflächlich und bigott. Einsamkeit, Liebeskummer und das Gefühl entwurzelt zu sein, quälen die junge Frau. Das Heimweh treibt sie zurück in den Iran - um bald darauf erneut zu fliehen. Diesmal wohl für immer...

Es ist erstaunlich, wie spannend und emotional mitreißend die Geschichte erzählt wird: Die große Stärke des Trickfilms - die Verdichtung der Erzählung - wird hier souverän ausgespielt: Der Film zieht den Zuseher förmlich in die Wucht des Geschehens hinein. Den Rest besorgt die tolle Optik: So simpel die Bilder auch sein mögen, so wirkungsvoll sind sie auch. Ästhetisch und atmosphärisch ist Persepolis ein echtes Kunstwerk geworden.

Auch wenn die Geschichte dramatisch und traurig ist, darf auch viel gelacht werden. Denn:

"Im Iran macht man über tragische Ereignisse gerne Scherze. Das Leben ist so kurz und schwierig, dass man alles nur noch schlimmer macht, wenn man es nicht leichten Schrittes durchschreitet. Humor ist auch eine Frage der Intelligenz. Lachen ist zudem sehr kommunikativ. Weinen können Sie allein in Ihrer Ecke, aber lachen tun sie mit ihren Freunden. Für mich persönlich ist Humor auch eine höfliche Art, über aussichtslose Situationen zu sprechen. Er ist auch eine Frage des Anstandes."
Sagt die Filmemacherin in einem Interview im Standard.

Persepolis Bild 1
Persepolis Bild 2
Persepolis Bild 3
Persepolis Bild 4
Persepolis Bild 5
Persepolis Bild 6
FAZIT:

Der Animationsfilm Persepolis erzählt von einer Kindheit im kriegserschütterten Iran und einer unglücklichen Jugend in Wien. Spannend, politisch, tieftraurig und enorm witzig zugleich, werden hier alle Register gezogen. Ein inhaltlich wie ästhetisch überragendes Kunstwerk, das völlig zurecht mit Preisen überhäuft wurde und zumindest in Frankreich die Massen ins Kino lockte. Ein spätes Highlight des Kinojahres 2007.

WERTUNG: 9/10
Dein Kommentar >>
Ralph | 11.12.2007 10:23
Ich möchte auch meine Zustimmung bekunden. Neben seinen tollen Bildern war Persepolis vor allem inhaltlich ein fantastischer Film zwischen Freuden- und Trauertränen über den Versuch in einer verrückten Welt "normal" erwachsen zu werden . Und ein verrückteres, gefährlicheres und widersprüchlicheres Land als den Iran kann es zur Zeit wohl kaum geben...
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Sokrates | 03.12.2007 21:26
Kann mich Haralds Bewertung und Beurteilung nur anschließen. Außerdem hätte ich nicht gedacht, dass ich dem 80iger Schmonzessong "Eye of the Tiger" mal positive Seiten abgewinnen könnte, aber wenn klein Marjan losrockt wirkt selbst diese Lied unwiederstehlich.
Auch für mich sind Animationsfilme Kinderkram, und keine "ernsthaften Filme", obwohl ich Wallace und Gromit, oder die Unbestechlichen trotzdem mag.
Doch Persopolis ist unbestreitar ein ernstafter, fantastisch animierter Film, der seine Geschichte mit viel Humor erzählt. Man muss auch die französische Filmindustrie loben, denn nur dort gibt es Geld und das Know How für derartige doch ungewöhnliche Projekte.
Auch ich kann den Film nur wärmstens empfehlen. Er ist klug, bietet eine außergewöhnliche Seherfahrung und ist amüsant und brührend.
Valentin | 15.06.2009 01:36
Zweifellos einer der besten, berührendsten und emotional mitreißendster Film der letzten Jahre zusammen mit Walz with Bashir ein echtes muss. Zweifellos für jeden der in Filmen mehr sucht als eine möglichkeit Popcorn zu essen.... 9/10 weggekippten Weinflaschen
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