OT: The Incredible Hulk
COMICVERFILMUNG: USA, 2008
Regie: Louis Leterrier
Darsteller: Edward Norton, Liv Tyler, Tim Roth, William Hurt, Robert Downey Jr
Bruce Banner hat es nach Südamerika verschlagen. Da er, sobald sein Puls zu hoch wird, zum Hulk mutiert, versucht er zurückgezogen ein ruhiges Leben zu führen und ein Gegenmittel zu finden. Aber das U.S. Militär ist ihm auf den Fersen...
KRITIK:Hulk ist, wenn man mich fragt, die mit Abstand interessanteste Comicfigur, weil sie einen ganzen Haufen brisanter und spannender Themen mit sich bringt. Was passiert, wenn das Es die Kontrolle erlangt, wenn Dr. Jekyll zu Mr. Hyde wird, wenn Nietzsches Übermensch auf einmal über die Erde wandelt, wenn das Biest hervorbricht und nur noch die Schöne helfen kann. Es geht um Omnipotenz, um psychologische Fragen, um die Suche nach dem wahren Ich und um die große Liebe, die alles Böse aus der Welt schaffen kann.
Das haben die Studiobosse bei Universal vor einigen Jahren ganz gut erkannt und konnten Ang Lee als Regisseur für die bislang mit Abstand reifste und gleichzeitig eigenartigste Comicverfilmung gewinnen. Das Ergebnis spaltete gleichermaßen Kritiker und Zuseher in eine kleiner Gruppe von Verehrern, zu denen ich mich zählen darf, und in eine große Gruppe von Enttäuschten.
Der Film sei weder Fleisch, noch Fisch, er sei weder der große Kunstfilm geworden, noch ein Unterhaltungs-Blockbuster für die große Masse. Das Einspielergebnis bliebt dann auch eher enttäuschend. Gut, ich muss es gestehen, Ang Lees Hulk war sicherlich nicht perfekt. Aber wenn ich lese, er sei an seiner Überambition gescheitert, verdreht sich mir der Magen.
Ein überambitionierter Blockbuster? Nach so was müssen wir uns doch alle Zähne schlecken, weil so was gibt es höchstens alle zehn Jahre. Ang Lees Hulk ist sicherlich gescheitert, aber auf einem Niveau, das die allermeisten anderen Comicverfilmungen höchstens aus der Ferne (von unten) betrachten können.
Wie auch immer, Universal dachte sich, da kann man noch ein wenig mehr (Geld) herausholen und ging beim Sequel oder bei der Neuinterpretation (das kann man halten wie man möchte) einen anderen Weg. Die Leute wollen Action ohne lästiges Drama? Sollen sie kriegen. Und verpflichten Louis Leterrier, seines Zeichens Regisseur von äh... ah ja: Transporter 1 und 2.
Ein Könner, ohne Frage. Vor allem, wenn es darum geht einen Film hinzuscheißen.
Edward Norton, bei dem man sich fragt, wieso zur Hölle er sich in diesen Film verirrt hat (vermutlich weil er das Potential der Figur auch erkannte), der auch extra gefühllos agiert, sodass es auch gar keine Bezugsfiguren gibt, die auch nur irgendwie unser Interesse wecken könnten, weigert sich, seit er den Final Cut kennt, den Film zu promoten. Regisseur Leterriers Reaktion: "Mein Gott, es ist doch nur ein Film über ein wütendes grünes Monster, das alles kurz und klein schlägt."
Stockkonservative, abgebrühte und andere herzlose Filmkonsumenten, die sich für "seriöse" Ware à la Rosamunde Pilcher und die Himmlische Familie begeistern können, mögen da zustimmen, aber als wirklicher Filmfan muss ich sagen: Das ist ein Schlag in die Magengrube.
Wieso macht dieser Mensch einen Film, wenn er die Figur nicht liebt, wenn er die Charaktere nicht liebt, wenn er das nicht ernst nimmt? Ang "Icestorm, Brokeback Mountain, Lust Caution" Lee hat das auch ernst genommen. Louis "Transporter(?!)" Leterrier sieht das als reine Auftragsarbeit. Hollywood wird ihn lieben, Leterrier wird der nächste große Regisseur, denn der macht keine Probleme, Kunst interessiert ihn sowieso nicht, Ambitionen hat er auch keine. Außer Geld zu verdienen. Willkommen im Studiosystem.
Heute zeigen wir ihnen einen Film, der aus vorgefertigten Schablonen abgepaust wurde. Und keine Sorge, es wird garantiert nichts vorkommen, das auch nur irgendwie irritierend oder innovativ erscheinen könnte. Entspannen Sie sich und lehnen Sie sich zurück, verblöden Sie an 125 Millionen Dollar, die wir ins Klo hinunter gespült haben....
Und es schmerzt, weil der Film durchaus Potential gehabt hätte. Das Drehbuch schien mir in Ordnung zu sein, die Darsteller allesamt erstklassig (zumindest in anderen Filmen) und einen witzigen Crossover mit Iron Man hat man auch eingebaut. Aber da ist kein Herz, alles wird völlig seelenlos abgespult, gut dazu passend irgend ein Score, der nicht einmal ein eigenes Thema hat sondern einfach vor sich hindudelt. In der Musik dieses Filmes spiegelt tatsächlich sich der Film selbst und das zeigt wie traurig dieses Machwerk eigentlich ist. Schade drum.
Und wer jetzt noch immer nicht genug hat und seine Lebenszeit zwei Stunden lang verschwenden möchte, der sei noch weiters vor der deutschen Schnittfassung gewarnt. Hulk ist nämlich übelst verrstümmelt (ja, damit der Film ab 8 Jahren freigegeben werden konnte!!!!), so dass es sogar die unaufmerksamsten Filmseher bemerken, da das halbe Finale fehlt. Aber andrerseits kann ich denen versichern, dass man selbst wenn man die englische Fassung kennt, weiß, dass man nichts versäumt hätte. "Hulk Smash!"
Wirklich übles Machwerk von einem Comicfilm, was schade ist, weil Figur, Geschichte und Darsteller durchaus Potential gehabt hätten. Nur für Hardcore-Fans und solche, die doch noch einen Beweis brauchen, dass Ang Lees Hulk alles in allem doch ein großartiger Film war.