OT: Non si servizia un paperino
GIALLO: ITALIEN, 1972
Regie: Lucio Fulci
Darsteller: Tomas Milian, Florinda Bolkan, Barbara Bouchet, Marc Porel
In einem rückständigen italienischen Bergdörfchen geht ein Knabenmörder um. Während die Polizei stets die falschen in Gewahrsam nimmt, nehmen die aufgebrachten und abergläubischen Dörfler das Gesetz selbst in die Hand. Doch kurz darauf verschwindet wieder ein Junge und so obliegt es dem Reporter Martelli in einem Strudel aus Hexenglauben, Lynchjustiz und Vorurteilen den wahren Kindermörder zu stellen
KRITIK:Der Titel mag seltsam anmuten, aber mit DON`T TORTURE A DUCKLING hat sich Lucio Fulci ganz nahe ans Herz der Finsternis herangewagt und folgerichtig einen der bösesten italienischen Thriller überhaupt abgeliefert. Spielte sein Vorgänger-Giallo A LIZARD IN A WOMAN'S SKIN noch in einem stylischen wie halluzinogenen London, so entführt uns der spätere Gore Maestro in diesem Film in ein im Vergleich zu LIZARD´s überbordender Psych(o)delica fast schon gegensätzliches Universum.
DON´T TORTURE A DUCKLING spielt zwar wie A LIZARD IN A WOMAN´S SKIN in den frühen Siebzigern, doch wirkt seine Welt geradezu erschreckend mittelalterlich. Denn hier finden wir uns in einer dörflichen Gegend irgendwo im italienischen Hinterland wieder. Die ärmlichen Steinbauten, die Wälder und Geröllwüsten dörren mal im Staub eines trockenen, heißen Sommertages; mal ertrinkt die Landschaft in nächtlichen, sintflutartigen Regenfällen. Immer jedoch herrscht Aberglaube sowie eine gefährliche, reaktionäre Stimmung vor. Und als immer mehr halbwüchsige Jungen ermordet aufgefunden werden, eskaliert die aufgeladene Atmosphäre in einer grausamen Hexenjagd.
Grausiger Höhepunkt der letzteren ist ein extrem brutales Szenario, welches quasi die Eröffnungshinrichtung des dämonischen Malers Schweyks aus Fulcis späteren Zombiemeisterwerk THE BEYOND vorwegnimmt. Hier wie dort werden in aller Deutlichkeit Ketten geschwungen, Fleisch zerrissen, Knochen gebrochen, Gedärm freigelegt Allerdings geht der Lynchmord in DON´T TORTURE A DUCKLING mehr unter die Haut als jener aus THE BEYOND. Denn Schweyks Ableben war ein kalkulierter Splatter-Exzess zur Kuttelsuchtbefriedigung des Gorehounds. Die Minuten extremer Gewalt in DON`T TORTURE A DUCKLING sind derart quälend, dass man die Agonie des Opfers bis ins heimische Wohnzimmer schmecken kann. Das ist schmerzhaft. Intensiv. Näher an der Realität als uns lieb sein kann.
Doch selbst wenn die Blutschraube gegen Filmende noch einmal in einer unvergesslichen Sequenz ordentlich angezogen wird, lebt dieser eigentümliche wie innovative Giallo freilich nicht allein von Brutalität, sondern viel mehr von seiner bedrückenden Grundstimmung.
Neben grandiosen Landschaftsaufnahmen und der unheilvollen Atmosphäre vervollständigt eine erlesene Sahne-Besetzung die Heilige Dreifaltigkeit dieses finsteren Mörderrätsels.
Die schon in A LIZARD IN A WOMAN´S SKIN brillierende Florinda Bolkan ist diesmal als mit Voodoopuppen handierende Hexe zu sehen. Die süße Bärbel Gutscher (better known as Barbara Bouchet) ist ganz stark als nicht unverdächtiges Zuckerchen mit einer Vorliebe fürs Nacktbräunen und kleinen Jungs und der Italowestern-Recke Tomas Milian spielt den schnüffelnden Reporter.
Wenn sich am 13.März des Maestros Todestag jährt, zünde ich am Ehrfurchtsschrein Kerzen an, um dem unvergessenen Lucio Fulci zu danken; für Zombie-Evangelien wie THE BEYOND und für Gialli wie DON´T TORTURE A DUCKLING. Letzterer zum Beispiel ist einer der düstersten seiner Art. Hexenglauben und Knabenmorde in einem reaktionären italienischen Bergdörfchen - das ist bitterböse, bisweilen blutrünstig, aber gibt sich auch gesellschaftskritisch. Ergibt einen ziemlich finsteren Stoff.