HORROR: USA, 2007
Regie: Mikael Håfström
Darsteller: John Cusack, Samuel L. Jackson, Mary McCormack
Mike Enslin (John Cusack) macht auf Stiftung Warentest. Auf seiner Prüfliste stehen allerdings etwas ausgefallenere "Produkte": Spukschlösser und allerlei andere paranormale Event-Ausflugsziele werden auf ihren Gruselfaktor getestet. Natürlich glaubt er selbst nicht an Geister - doch das soll sich ändern, als er im Zimmer 1408 des Dolphin Hotels in New York eincheckt. Nach einer Kurzgeschichte von Stephen King.
KRITIK:Erst vor kurzem hatte ich hier in meiner Kritik zu Die Verurteilten angemerkt, dass Stephen-King-Horrorverfilmungen meist sehr an ihrer Reduzierung auf die reinen Schocker-Inhalte zu leiden haben.
Dankenswerterweise hat sich Mikael Håfström dazu entschieden, mir gleich einen frischen, noch zappelnden Beweis dazu zu liefern: "Zimmer 1408" ist ein Paradebeispiel für eine auf das "King of Horror"-Image reduzierte Buchadaption. Und bei Håfström war auch nichts anderes zu erwarten - immerhin hat er schon bei Derailed bewiesen, dass er nicht gerade der Mann für anpsruchsvollere Unterhaltung ist.
Generell kann man sich bei Stephen Kings Story des Eindrucks nicht erwehren,
dass es sich dabei um eine abgespeckte Version von "The Shining" handelt: was im großen Vorbild ein ganzes Hotel war, ist hier nur ein Hotelzimmer. Und war anno 1977 Jack Torrance ein "richtiger Schriftsteller", so haben wir es hier nur mit einem Autor von Horror-Trash zu tun. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Trotzdem hat King auch in dieser Kurzgeschichte nicht auf die bei ihm übliche - und für Massenliteratur ausgesprochen ausgefeilte - Charakterzeichnung verzichtet. Sehr wohl aber Håfström in seiner Verfilmung. Der einzige Versuch des Regisseurs, Kings Vorlage diesbezüglich sogar zu übertreffen, entpuppt sich sehr schnell als banaler Versuch, der sicher teuer eingekauften Nebenrolle Samuel L. Jacksons als Hotelmanager mehr Raum zu geben. Die Streckung dieser Szene führt aber nur zu purer Absurdität - jammerschade, war die Rolle mit Jackson doch bestens besetzt und hätte eine furiose Eröffnung für die folgende Handlung sein können.
So aber wirkt das ganze gekünstelt spannend und die Überzeugungsversuche des Managers, Enslin von Raum 1408 fernzuhalten, sind unglaubwürdig und alles andere als furchteinflösend. Kein Wunder dass der gute Mann das Zimmer trotzdem für seine Gruseltests bezieht.
In der Folge dürfen wir dann lernen, dass böse Mächte höchst flexibel sind. Wenn abergläubische Hotelkettenbesitzer einfach das 13. Stockwerk auslassen, ziehen sie einfach in Zimmer 1408 ein. Wer addieren kann, lebt länger.
Mike Enslin zieht also unbeeindruckt von der Managerpredigt in dieses "wirklich böse Zimmer" ein, das bereits weit über 50 Todesopfer gefordert hat - innerhalb einer Stunde, nachdem diese das Zimmer bezogen hatten. In der Tat verschwendet das Zimmer auch bei Enslin keine Zeit und macht ihm innerhalb von 10 Minuten klar, wie der Hase hier läuft. Der digitale Radiowecker gibt sich hier unterstützend informativ und beginnt einfach mal einen Countdown von 60 Minuten auf Null.
Damit beginnt die stärkste Phase des Films: der Horror-Teil ist vom Regisseur sehr klassisch inszeniert und verfehlt seine Wirkung nicht. Immerhin hier darf man ihm solide Handarbeit attestieren auch wenn sein Hang zu digitalen Effekten der Hotelzimmerparty nicht in jeder Hinsicht gut tut. Schwächer sind da schon wieder die eingebauten Tränendrücker: Dramatik ist wahrlich nicht die Stärke von Håfström.
Der einzig wirklich durchweg positive Punkt des Films ist aber John Cusack. Er muss eine etwa eine Stunde dauernde One-Man-Show innerhalb nur eines Raumes abliefern und meistert dies überzeugend. Weniger Platz hatte nur Colin Farrell im unterschätzten "Phone Booth" - im Gegenzu hatte der dafür aber wenigstens durchgehend einen Dialogpartner.
Wenig überraschend darf man insgesamt also weiterhin auf die erste wirklich gelungene Verfilmung eines Horror-Romans von Stephen King warten. "Shining" von Stanley Kubrick gilt für mich ebenso als gescheitert, da Kubrick wesentliche Elemente der Story umgebaut hat und vor allem das zentrale Element, eben das Shining, vollkommen entwertet und damit eingen ganzen, zuvor mühsam aufgebauten Handlungsstrang ad absurdum geführt hat. Kubrick ist ein genialer Psychothriller gelungen, aber eben nicht dieses viel umfangreichere Bild, das King in seinem Buch geschaffen hat.
Håfström hat einen viel pragmatischeren Ansatz gewählt: er hat einfach einen recht klassischen Horrorfilm produziert und sich der nötigen Teile aus Kings Vorlage bedient. Es funktioniert und man wird ganz gut unterhalten - doch fehlt dem Film jede Seele und jeder Tiefgang. Am Ende sind einem die handelnden Charaktere deshalb nahezu gleichgültig, auch Cusack - und das sollte einem Film eigentlich niemals passieren.
"Zimmer 1408" ist "The Shining" für Arme. Und das ist immer noch als Kompliment zu verstehen. Man wird vor allem nach dem Check-in gut unterhalten - aber das wars auch schon. Für Fans von klassischem Horror mag das einen Gang ins Kino wert sein, für alle anderen reicht der Gang in die Videothek in einigen Monaten völlig.