DRAMA: A, 1982
Regie: Xaver Schwarzenberger
Darsteller: Hanno Pöschl, Marie-France Pisier
Der Arzt Dr. Ascher zieht sich nach einem "Kunstfehler", von dem er zwar freigesprochen wurde, den er aber trotzdem nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann, aufs Land zurück um sich an der "Einfachheit" des bäuerlichen Lebens zu kurieren...
KRITIK:Österreichische Filme haben drei Probleme in meinen Augen. Erstens sind sie sehr depressiv. Dieser Film genauso. Aber dieser Film ist ein Spitzenmodell dieser Gattung. Nicht umsonst hat uns die New York Times zur "world capital of depressing films" gewählt, einen Titel auf den wohl nur die Ungarn neidig sind;-).
Aber ich finde wir sollten dazu stehen, denn das könnte es wohl sein, das die Identität unserer Filme ausmacht. Außerdem sollte ein guter Film niemals daran gemessen werden, ob er traurig ist oder nicht. Der stille Ozean, Xaver Schwarzenberger, damals noch Stammkameramann des großen deutschen Regie-Enfant-Terrible Rainer Werner Fassbinder, legt mit seinem Regiedebüt nach dem gleichnamigen Roman von Gerhard Roth einen beachtlichen Film vor, der in eindringlichen Bildern das Leben am Land schildert.
Womit wir schon bei Punkt Nummer Zwei wären. Die Optik des österreichischen Kinos sieht sehr stark nach Fernsehen aus, Ausnahmen davon sind höchstens Haneke und Ruzowitzky (der gerade für seinen Film Die Fälscher für den Auslandsoscar nominiert wurde), aber das war's auch schon.
Und ich frage mich eigentlich bis jetzt wieso. Vielleicht kann einmal ein fachkundiger Leser einen Kommentar dazu schreiben. Wieso auch immer, genau hier vermag dieser Film zu punkten. Xaver Schwarzenberger hat das richtige Auge, seine Bilder sind sorgfältig arrangierte Stilleben, ungewöhnlich schön und komplex komponiert und wirken dadurch einfach wie Kino es sollte
Und drittens gibt es im heimischen Film sehr oft das Problem mit der Sprache. In einem Land, in dem hinter jedem Berg ein anderer Dialekt gesprochen wird, stellt sich sprachliche Authentizität natürlich als sehr schwierig dar. Schlimmstes Beispiel auf diesem Gebiet ist meiner Meinung nach der Film Schlafes Bruder. Es tut mir leid, aber so reden Bergbauern nicht, das zerstört den ganzen Film, wenn man denen zuhört, weil es nicht echt ist.
Und leider ist Der stille Ozean auf diesem Gebiet auch nicht ganz perfekt gelungen. Allen voran Hanno "Exit" Pöschl, der den vornehmen Wiener Arzt gibt. Dieser Hanno Pöschl hat vermutlich zum letzten Mal hochdeutsch gesprochen, als er seine Matura machte. Seine Sätze klingen ziemlich künstlich, da ist es ein Glück, dass er nicht sehr viel zu sprechen hatte in diesem Film, denn er sprach einfach hochdeutsch wie jemand, der nicht hochdeutsch spricht und denkt
Aber abgesehen von dieser kleinen Schwäche ist Regisseur Schwarzenberger mit diesem Debüt ein großartiger Film gelungen. Es geht um einen Menschen, der in eine existenzialistische Leere gefallen ist und sich davon befreien möchte. Doch das raue Leben auf dem Land (Tod, Gewalt und deren Symbole sind allgegenwärtig) bietet ihm nicht die Nahrung, die er braucht um wieder Mensch zu werden....
Starke Bilder zwischen Poesie und Dokumentation, eingebettet in nebelig-melancholische Stimmungen, über einen, der auszog um sich selbst zu entfliehen und dabei in einer äußeren Wirklichkeit landete, die seiner Inneren bis aufs Haar zu gleichen schien. Ein richtiger Winterfilm...
Im Rahmen von DER STANDARD-Edition des Österreichischen Films auf DVD erhältlich.